Die Neugier und eine gewisse Ungeduld gegenüber klassischen Abläufen führten dazu, dass German Kopytkov mit KI zu experimentieren begann. Für ihn ist KI-Kunst keine Frage schöner Bilder – sondern eine Provokation.

Kritik trifft Kunst: German Kopytkov im Interview
Für den aus Litauen stammenden und in Zürich lebenden German Kopytkov steht die Botscha der eigenen Werke an erster Stelle. Im Interview erklärt er, welche neuen Möglichkeiten sich für ihn durch die KI-Bildgenerierung ergeben.
DigitalPHOTO: Wie würden Sie sich selbst beschreiben? Als Designer? Künstler? Konzeptioneller Denker?
German Kopytkov: Ich sehe mich als eine Mischung aus allem drein. Mein Hintergrund liegt im visuellen Design und der Art Direction, aber meine Arbeit ist immer ideengetrieben. Während meiner Zeit bei Marken wie Google oder Booking.com habe ich gelernt, starke Konzepte mit einer präzisen Umsetzung zu verbinden – um Arbeiten zu schaffen, die nicht nur gut aussehen, sondern auch eine Bedeutung transportieren.
Im Kern bin ich ein Problemlöser. Ob Branding, Icons oder Illustrationen – mein Ziel ist es, klare, sofort verständliche Lösungen zu gestalten, die die richtige Botschaft vermitteln. Heute erforsche ich in meinen Projekten mit Künstlicher Intelligenz, Kunst und Design die Herausforderungen unserer Gegenwart – unsere Fixierung auf Technologie oder das bewusste Wegsehen bei Umweltproblemen.
Was brachte Sie schließlich zur Arbeit mit Künstlicher Intelligenz?

Ich war zunächst skeptisch. Die ersten KI-Bilder, die ich gesehen hatte, überzeugten mich nicht. Im März 2023 stieß ich jedoch auf eine Serie von Umweltplakaten, die bedrohte Tierarten als schmelzende Kerzen zeigten. Ob dabei KI im Spiel war oder nicht – das Konzept hat sich mir eingeprägt.
Kurz darauf habe ich ein eigenes Projekt über Plastikverschmutzung in den Ozeanen gestartet. KI half mir dabei, die Idee schneller zu visualisieren – viel schneller, als ich es mit Skizzen oder Photoshop geschafft hätte.
Erleichtert Ihnen KI Ihre Arbeit?

Ich denke, der Mensch sucht immer nach Wegen, sich das Leben einfacher zu machen – und ich bin da nicht anders. Als ich zum ersten Mal mit Midjourney gearbeitet habe, war ich beeindruckt, wie schnell sich starke visuelle Ideen entwickeln ließen.
Es fühlte sich an, als hätte ich ein ganzes Kreativteam zur Verfügung – das sofort reagiert und Ergebnisse liefert. Dadurch kann ich mich auf das konzentrieren, was mir wirklich Freude macht: Ideen entwickeln, Probleme lösen, Konzepte formen.
Steht für Sie eher die Idee hinter dem Bild oder das Visuelle im Vordergrund?
Bei mir steht immer die Idee an erster Stelle. Ich strebe nach klaren, eindrücklichen Konzepten, die sofort verstanden werden. Durch meine langjährige Erfahrung im Branding und visuellen Storytelling habe ich gelernt, komplexe Inhalte in einfache, starke und verständliche Bilder zu übersetzen.
Haben Sie ein Herzensprojekt?

Ich möchte nicht nur schöne Bilder gestalten, sondern Arbeiten schaff en, die zum Nachdenken anregen oder auf reale Probleme aufmerksam machen. Design und Kunst sind starke Mittel, um relevante Themen wie Umweltverschmutzung oder Konsumverhalten sichtbar zu machen.
Ein Beispiel dafür ist mein Projekt „Marine Metamorphoses“, das sich mit der Verschmutzung der Ozeane beschäigt. Die Erkenntnisse daraus haben nicht nur meine Arbeit geprägt, sondern auch mein Leben verändert: Heute achte ich viel stärker auf nachhaltigen Konsum und vermeide Plastikmüll, wann immer es geht.
Wie gehen Sie beim Prompten vor?

Ich werde mir immer erst über die genaue Botscha klar, die ich vermitteln möchte. Danach formuliere ich meine Prompts meist sehr schlicht – o reicht ein kurzer Satz. Manchmal kommt noch eine Skizze oder eine Notiz zur Farbigkeit oder Stimmung dazu. Das richtige Ergebnis entsteht dann durch Wiederholung und Verfeinerung. Ich erreiche selten gleich beim ersten Versuch, was ich will. Stattdessen passe ich an, verändere, oder bearbeite einzelne Elemente später weiter – entweder in Photoshop oder direkt im KI-Tool.
Welche KI-Tools meinen Sie?

Zunächst beginne ich o ganz klassisch mit Bleistift und Papier, um erste Ideen zu skizzieren. Danach geht’s digital weiter: Für Layouts nutze ich Adobe Illustrator, für die KI-Generierung je nach Projekt Midjourney, ChatGPT oder Adobe Firefly.
Feinschliffe mache ich in Photoshop. Für die Qualitätssicherung nutze ich Upscaler wie Gigapixel oder Krea – und wenn Bewegung ins Spiel kommt, setze ich auf Tools wie Runway, Sora oder Kling AI.
Meist kombiniere ich mehrere Werkzeuge, um das bestmögliche Ergebnis zu erzielen.
Wie sehen Sie das Zukunftspotential von KI-generierten Bildern?

Mich interessiert sehr, wie sich KI noch weiterentwickelt – besonders in Bereich von Logo- und Icon-Design, wo es auf Präzision ankommt. KI soll nicht nur Schnelligkeit, sondern auch Qualität sichern: mit klaren Ideen, guter Gestaltung und Mehrwert.



German Kopytkov (41) lebt in Zürich und verbindet KI, Kunst und Design miteinander. Nach über 15 Jahren Arbeit für Marken wie Google und Booking. com beschäftigt er sich heute intensiv mit der Zukunft künstlicher Intelligenz.
www.kopytkov.com | Instagram: @german.kopytkov