News

So findet Mike Eyett seine Unterwasser-Motive [DigitalPHOTO-Interview]

Auf Tauchgang gehen wir diesmal im DigitalPHOTO-Interview. Unser Gesprächspartner, der Fotograf Mike Eyett, nimmt uns mit, tief unter die Wasseroberfläche. Seine Bilder zeigen eine faszinierende und fragile Welt in absoluter Stille. Hier verrät er, wie und wo er seine Motive findet.

Die Unterwasserfotografie ist ein echtes Spezialgebiet. Denn nicht nur das Tauchen muss gelernt sein, auch das Equipment gilt es, für die Motivsuche unter Wasser anzupassen: Unterwassergehäuse für den Kamerabody, speziell verschraubte Ports mit Dichtungen für die Objektive, Blitzlicht und so weiter und so fort.

Aber wen die Faszination erst einmal gepackt hat, der kommt so schnell nicht wieder davon los.Im Interview mit dem erfahrenen Unterwasserfotografen Mike Eyett gehen wir gezielt auf die benötigte Ausrüstung ein und fragen unter anderem, wie es sich anfühlt, im tiefen Blau auf Motivsuche zu gehen. Und wir gehen der Frage nach, ob man eher gut tauchen oder fotografieren können sollte, um mit tollen Unterwasserbildern aufzutauchen.

5 Profi-Tipps für Unterwasserfotos

1. Kein Unterwasserfoto ohne Unterwassergehäuse! Für viele Systeme gibt es passendes Equipment. Informieren Sie sich über verschiedene Anbieter und vergleichen Sie unter anderem, wie tief Sie mit dem Gehäuse tauchen können.

2. Unter Wasser herrschen selten ideale Lichtbedingungen. Mike Eyett verwendet im Normalfall einen ISO-Wert von 400. In speziellen Situationen (z.B. Gegenlicht) auch mal ISO 100. Im besten Fall taucht man bei maximalem Sonnenlicht.

3. Tageslicht reicht aber oft nur bis wenige Meter unterhalb der Wasseroberfläche. Daher sollten mindestens ein, besser zwei oder drei externe (wasserfeste) Blitzgeräte mitgenommen werden.

4. Achten Sie auf die Belichtungszeit. Motive, die sich schnell bewegen, wie beispielsweise Fischschwärme, sollten mit einer kurzen Belichtungszeit abgelichtet werden, damit eine Bewegungsunschärfe vermieden wird.

5. Grundvoraussetzung ist natürlich das Tauchen. Es muss dabei nicht immer der Südpazifik sein. Tolle Unterwasserfotos entstehen auch in heimischen oder europäischen Gewässern. Auch beim Schnorcheln an der Wasseroberfläche lassen sich interessante Motive entdecken.

DigitalPHOTO: Herr Eyett, wann haben Sie die Faszination für die Unterwasserwelt entdeckt?

Mike Eyett: Eigentlich war es ein Zufall. Ein Freund von mir wollte unbedingt tauchen lernen und hat mich letztlich dazu überredet, mitzumachen. Also haben wir tatsächlich gemeinsam einen Kurs angefangen – und wie dann das Leben so spielt: Er hat nach der zweiten oder dritten praktischen Einheit aufgehört, weil er mit den verschiedenen Techniken nicht richtig zurechtkam, und mir hat es großen Spaß gemacht. Das war übrigens 1985.

Es ist ein Eintauchen in eine andere Welt. Dazu kommt die Schwerelosigkeit und die Möglichkeit, sich in allen drei Raumdimensionen zu bewegen.

Mike Eyett

Und wann folgte die Unterwasserfotografie?

Geknipst habe ich schon sehr lange, zunächst analog mit einer alten Voigtländer von meinem Vater. Der Übergang zum richtigen Fotografieren war gleitend und vollzog sich vor etwa fünf bis zehn Jahren, als ich anfing, mit einfacher Ausrüstung unter Wasser zu fotografieren. In der Folge habe ich das Fotoequipment schrittweise aufgerüstet und erweitert und fotografiere gerne auch an Land.

Sie sind kein reiner Unterwasserfotograf?

Mein Schwerpunkt ist die Naturfotografie: Landschaften und Wildlife – über und gerne auch unter Wasser.

Lassen Sie uns aber ins Wasser eintauchen: Wo auf der Welt finden Sie Ihre Motive?

Im Laufe der Jahre sind einige Tauchtraumziele zusammengekommen wie das Rote Meer, die Malediven, das Great Barrier Reef, Raja Ampat bei Indonesien, die Karibik, Galapagos, Mexiko inklusive Socorro im Pazifik. Jedes Revier hat seine eigenen Reize und Besonderheiten.

Das können besonders intakte Rifflandschaften sein oder herausfordernde Strömungstauchgänge mit Groß-fischen wie Mantarochen oder Haien. Aber auch heimische Seen in Österreich habe ich durch die eingeschränkten Reisemöglichkeiten der letzten Zeit wiederentdeckt.

Wie fühlt es sich an, im offenen Meer neben all den wilden Tieren zu sein?

Es ist ein Eintauchen in eine andere Welt. Unter Wasser ist so viel Ruhe – man wird eins mit der Umgebung. Dazu kommt die Schwerelosigkeit und die Möglichkeit, sich in allen drei Raumdimensionen zu bewegen. In der Regel kommt man den Tieren auch näher, als das an Land der Fall ist.

Gehen wir auf Ihr Equipment ein: Für die Unterwasserfotografie werden spezielle Dinge benötigt. Womit fotografieren Sie und wie schützen Sie Ihre Kamera?

Ich fotografiere inzwischen mit einer Nikon D810 in einem Unterwasser-Gehäuse von Seacam. Je nach erwarteten Motiven mit 60mm- oder 105mm-Makrooptiken, einem 16–35mm-Weitwinkelzoom oder 15mm-Fisheyeobjektiv mit entsprechendem Port zum Schutz für die Objektive.

Mit dem Fisheye, das übrigens unter Wasser kein Exotenobjektiv ist, ist der Gestaltungsspielraum wahrscheinlich am größten. Der Look gefällt mir persönlich besonders gut. Das Equipment wird mit ein oder zwei externen Blitzgeräten ergänzt.

Die Blitze benötigen Sie, weil … ?

… langwelliges Licht vom Wasser schon nach kurzen Wegstrecken absorbiert wird. Rotes Licht ist beispielsweise schon nach drei bis fünf Metern so gut wie nicht mehr vorhanden. Sprich: Unter Wasser sieht schon bei geringen Tiefen alles monoton blau aus. Daher muss praktisch immer mit Blitzlicht gearbeitet werden und man muss nah heran ans Motiv.

Die wichtigste Entscheidung muss ich immer schon vor dem Tauchgang treffen, nämlich welches Objektiv im Gehäuse verbaut wird.

Mike Eyett

Den Taucheranzug leihen Sie sich aber vor Ort – oder haben Sie einen eigenen?

Ich habe mittlerweile vier eigene Tauchanzüge: drei Neoprennassanzüge mit drei, fünf und sieben Millimetern Dicke und einen Trockentauchanzug für Kaltwassertauchgänge. Hinzu kommt weiteres Equipment wie Atemregler, Tarierweste etc.

Tauchen Sie allein oder in der Gruppe?

Tauchen alleine geht schon aus Sicherheitsgründen nicht, also nur mit Buddy. Und mein fester Buddy ist seit Jahrzehnten meine Frau Doris. Je nach Tauchplatz tauchen wir als Buddyteam alleine oder mit Guide und eventuell in einer kleinen Gruppe. Für das Fotografieren gilt: je weniger Menschen, desto besser.

Wie kann man sich eigentlich eine Motivsuche unter Wasser vorstellen?

Es gilt das gleiche wie an Land: das fotografische Auge immer offen halten. Meistens weiß man, was in etwa zu erwarten ist. Ein lokaler Tauchguide ist insbesondere für das Auffinden von Makromotiven sehr hilfreich. Bei solchen eher statischen Motiven findet Doris oftmals schon das nächste Motiv, während ich noch an den Einstellungen und dem optimalen Bildwinkel feile.

Wissen Sie immer, welche Lebewesen Sie vor der Linse haben?

Ich lerne bei jedem Tauchgang etwas dazu. Durch Gespräche mit dem Guide, mit anderen Teilnehmenden und Fischbestimmungsbücher habe ich mittlerweile ein relativ gutes Wissen darüber, was sich an einem Korallenriff abspielt.

Wie groß ist der Faktor Zufall, wenn es um das Finden von Unterwassermotiven geht?

Der Zufall begünstigt den vorbereiteten Geist“ sagte einmal Louis Pasteur. In einer dynamischen Situation wie einer Jagdszene mit einem Fischschwarm geht alles blitzschnell und der Serienbildmodus verbietet sich wegen der Ladezeit der Blitze. Um den Schuss zu landen, muss man versuchen, die optimale Bildsituation vorauszuahnen und die Kamerasettings entsprechend voreinzustellen. Das klappt aber natürlich nicht immer.

Das heißt: Inwieweit verändern sich die Kameraeinstellungen unter Wasser – und was lässt sich im Wasser einstellen?

Die wichtigste Entscheidung muss ich immer schon vor dem Tauchgang treffen, nämlich welches Objektiv im Gehäuse verbaut wird – denn ein Wechsel ist nicht möglich. Unter Wasser, insbesondere im Weitwinkelbereich, fotografiere ich praktisch ausschließlich im manuellen Modus.

Es ist immer eine Mischlichtsituation, wo Blende und Blitzleistung die Belichtung des Hauptmotivs festlegen und die Zeit für die Belichtung des Hintergrunds bzw. des Wassers bestimmt. Da ist also oft etwas zu verstellen und auch die Blitze müssen situationsgerecht in Stellung gebracht werden.

Am spektakulärsten sind natürlich Haie, Mantas und Co. Meeresschildkröten sind manchmal sehr zutraulich und tatsächlich sehr fotogen, wie ich finde.

Mike Eyett

Wie schwierig ist es, im Taucheranzug eine Kamera zu bedienen?

Ja, das ist insbesondere bei Kaltwasser im Trockentauchanzug ein Thema. Mit richtig dicken Handschuhen lässt sich kaum etwas feinjustieren, mit kalten, steifen Fingern allerdings auch nicht. Da muss man für sich den richtigen Kompromiss beim Handschuh finden.

Sie hatten es eingangs schon angedeutet: Wie nah können Sie den Tieren unter Wasser kommen – und was ist Ihre Taktik?

Normalerweise kommt man Tieren sehr nah. Kleinere Fische im Korallenriff sind oft ortstreu bei ihrer Koralle, wie der als „Nemo“ bekannte Anemonenfisch. Ansonsten gilt wie bei der Wildlifefotografie an Land: ruhig abwarten. Den Tieren hinterherzuschwimmen ist in der Regel eher kontraproduktiv. Haie sind oft neugierig und kommen von selbst sehr nah.

Mantarochen sind am besten zu beobachten an sogenannten Futterstationen, wo durch die Meeresströmung viel Plankton zu finden ist, oder an Putzerstationen, an denen Putzerfische Parasiten entfernen.

Welche Unterwassertiere faszinieren Sie als Fotograf am meisten?

Am spektakulärsten sind natürlich Haie, Mantas und Co. Meeresschildkröten sind manchmal sehr zutraulich und tatsächlich sehr fotogen, wie ich finde. Aber auch eher Unscheinbares wie das Pygmäenseepferdchen, farbenfrohe Nacktschnecken oder Kalmare in der Nacht sind tolle Motive.

Müssen Sie als Unterwasserfotograf eher ein guter Taucher oder doch viel mehr ein guter Fotograf sein?

Beides – gut tauchen zu können ist eine notwendige Bedingung. Man muss in der Lage sein, gut tariert und ruhig im Wasser liegen zu können, um einerseits die Aufnahme komponieren zu können und um andererseits in Bodennähe mit den Flossen keinen Sand aufzuwirbeln.

Die Unterwasserfotografie birgt immer auch gewisse Risiken. Gab es bei Ihren Foto-Tauchgängen die ein oder andere gefährliche Situationen?

Glücklicherweise nicht. Bei mir besteht potenziell die Gefahr, dass ich mich beim Fotografieren vergesse und beispielsweise zu lange zu tief bleibe. Aber ich habe einen guten Buddy, der auf mich aufpasst.

Gibt es ein Traumziel? Wo würden Sie gerne noch unter Wasser fotografieren?

Im Sommer, genauer gesagt im August, geht es jetzt erst einmal auf die Azoren, da gibt es unter anderem einen Traumspot für Mobularochen. Ganz im Süden der Malediven gibt es auch noch ein tolles Großfischgebiet. Papua Neuguinea und die Südsee sind auch noch ein Thema.

Dann gibt es in Island die Silfra-Spalte, die zwischen der eurasischen und der amerikanischen Kontinentalplatte verläuft …

Mike Eyett (63)

Der Fotograf Mike Eyett, wohnhaft in Linz, taucht seit 1985. Seine Leidenschaft für die Unterwasser- und Naturfotografie entwickelte sich in den letzten zehn Jahren. Vor zwei Jahren bewarb er sich mit seinen Aufnahmen bei Fotowettbewerben – und wurde prompt international ausgezeichnet, darunter bei den

  • World Nature Photography Awards 2022: Silber,
  • Trierenberg Super Circuit 2021: Gold,
  • ND Photography Awards 2021: Silber und vielen mehr.

Lesetipp

„Lieber komme ich mit einigen wenigen, aber hochwertigen Fotos nach Hause.“ – Natur- und Landschaftsfotograf Tobias Ryser im Interview

Tobias Ryser sucht ganz gezielt nach seinen Motiven. Als Fotograf schafft er es, die Einzigartigkeit der Schweizer Landschaft festzuhalten –... mehr

Mehr zum Thema