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„Meine Fotos sollen eine kleine Auszeit bieten – einen Moment, einfach präsent zu sein.“ – Lee Cooper im Interview

Wo Stille sichtbar wird: Der Fotograf Lee Cooper fängt mit seiner Kamera die Seele des Waldes ein und zeigt eindrücklich, wie meditativ Waldfotografie sein kann.

Fotograf Lee Cooper im Interview: Mystische Baumwelt

Der britische Fotograf Lee Cooper verbringt seine liebsten Stunden im Wald – umgeben von alten Eichen, bemoosten Stämmen und sanftem Morgenlicht.

Seine Aufnahmen strahlen Ruhe aus, laden zum Innehalten ein und zeigen, wie kraftvoll Stille sein kann. Im Gespräch mit DigitalPHOTO erzählt Cooper, warum ihn Bäume seit seiner Kindheit faszinieren, wie Videospiele und Filme seine Bildsprache geprägt haben und weshalb er beim Fotografieren auf sein Bauchgefühl vertraut.

DigitalPHOTO: Herr Cooper, Sie fotografieren in erster Linie Bäume und Wälder. Wie ist die Faszination dafür entstanden?

Lee Cooper: Das hat tatsächlich schon in meiner Kindheit begonnen. Ich habe stundenlang auf den Heidelandschaften in der Nähe meines Zuhauses gespielt, Hütten gebaut und die Natur erkundet.

Später sind wir direkt neben eine alte Waldplantage gezogen – da war es endgültig um mich geschehen. Auch Videospiele und Filme hatten großen Einfluss – ich war völlig besessen von Der Herr der Ringe und der Elder Scrolls-Reihe. Das hat sicher meine Sicht auf Wälder geprägt.

Was interessiert Sie an Wäldern – sowohl als Motiv als auch persönlich?

Wälder bringen mich sofort zur Ruhe. Ganz gleich, ob ich fotografiere oder einfach nur spazieren gehe – man fühlt sich wie neu geboren. Die Morgenstunden sind dabei meiner Meinung nach die besten: Vogelgesang, klare Luft – das ist fast wie Meditation.

Schon in meiner Anfangszeit, als ich noch alles Mögliche fotografiert habe, hat mich nichts so begeistert wie das Komponieren einer Szene mit alten Eichenästen oder das Fotografieren knorriger Buchenriesen.

Wie und wo finden Sie Ihre Motive? Fotografieren Sie an vertrauten Orten oder suchen Sie neue Wälder auf?

Beides. Ich liebe es, bekannte Orte immer wieder zu besuchen, weil man mit der Zeit eine tiefere Beziehung zu ihnen aufbaut.

Zu meinen Lieblingsplätzen gehören der New Forest Nationalpark und Dartmoor, jeweils in Südengland – dort entdecke ich jedes Mal etwas Neues. Gleichzeitig reizt mich der kreative Nervenkitzel unbekannter Wälder. Beides inspiriert auf unterschiedliche Weise.

Wie fühlen Sie sich, wenn Sie allein im Wald unterwegs sind?

Da ist die Einsamkeit, die Freiheit, sich ohne Ablenkung zu bewegen, und das Gefühl, völlig im Moment zu sein. Im Wald fühle ich mich am geerdetsten und entspanntesten.

Haben Sie schon einmal in deutschen Urwäldern fotografiert?

Leider noch nicht – aber ich habe schon lange vor, mit meinem Camper ein paar Wochen lang durch europäische Wälder zu reisen. Sie wirken unglaublich – mit all dem Nebel und den Wolkenstimmungen, ein Traum für Fotografinnen und Fotografen.

Wie planen Sie Ihre Aufnahmen? Wie wichtig ist das Licht oder der Ort, an dem die Kamera aufgestellt wird?

Licht ist alles. Ich bin oft lange vor Sonnenaufgang unterwegs, um die weichen Lichtstimmungen zu nutzen. Ich bereite mich vor – checke das Wetter, erkunde Standpunkte – aber vor Ort arbeite ich eher intuitiv. Ich lasse mich treiben und schaue, was funktioniert. Dann lasse ich das Licht den Rest bestimmen.

Viele Ihrer Fotos wirken meditativ. Welche Botschaft möchten Sie mit ihnen vermitteln?

Ich möchte, dass die Menschen innehalten. Wir sind ständig in Bewegung – meine Fotos sollen eine kleine Auszeit bieten – einen Moment, einfach präsent zu sein.

Wenn meine Bilder jemanden dazu bringen, rauszugehen, durchzuatmen oder die Natur mit anderen Augen zu sehen, habe ich genau das erreicht, was ich möchte. Ich porträtiere gern die „Charaktere“ des Waldes – diese uralten Riesen, die schon so viel überdauert haben – und baue die Szene um sie herum. Der Wald ist ihr Zuhause, und ihn festzuhalten, empfinde ich als Ehre.

Welche Kameraausrüstung und Technik verwenden Sie?

Ich fotografiere mit der Sony Alpha 7 III und Alpha 7 IV und nutze verschiedene Objektive: 24–105 mm f/4, 70–200 mm f/4, 35 mm f/2, 11 mm f/2,8 und das 24–70 mm GM II.

Diese Kombination ist flexibel und spielt ihre Stärken gerade bei wenig Licht aus – ein Muss für Waldfotografie. Wenn es schnell gehen muss, arbeite ich freihand, für präzise Kompositionen nutze ich ein Stativ.

Gibt es Wälder oder Landschaften, die Sie noch fotografieren möchten?

Mich faszinieren uralte, unberührte Wälder – Orte, die über Jahrhunderte gewachsen sind, ohne viel menschlichen Einfluss. Die europäischen Urwälder stehen ganz oben auf meiner Liste, ebenso abgeschiedene Landschaften, in denen die Natur noch ihr eigenes Tempo hat.

Ganz vorne mit dabei: Neuseeland und Tasmanien.

Der Fotograf

Lee Cooper ist Landschaftsfotograf aus Südengland, spezialisiert auf Waldfotografie. Seine Bilder wurden unter anderem bei der BBC und dem Woodland Trust gezeigt. Cooper leitet Workshops, bietet Lizenzen seiner Werke an und veröffentlicht Fine-Art-Prints.

leecooperphotography.co.uk | Instagram: @leecooperphotography

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