Crashkurs Astrofotografie: So fotografieren Sie den Sternenhimmel
Ratgeber

Crashkurs Astrofotografie: So fotografieren Sie den Sternenhimmel

Gelungene Aufnahmen des Sternenhimmels faszinieren: Sie bieten einen Blick auf die Weiten des Universums. Doch durch die speziellen Lichtbedingungen müssen angehende Astrofotografen und  -fotografinnen einiges beachten. Daniel Wohlleben gibt Tipps, mit denen Ihnen diese Kunst gelingt.

Einige Dinge sind für das Fotografieren bei Nacht unverzichtbar:

  1. Stativ: Absolute Pflicht, da in der Nacht regelmäßig Belichtungszeiten im Bereich mehrerer Sekunden notwendig sind.
     
  2. Fernauslöser: Hilfreich, um beim Auslösen der Kamera Verwackelungen zu vermeiden. Viele neue Kameras lassen sich auch über eine WLAN-Verbindung per Handy-App auslösen. Alternativ tut’s aber auch der eingebaute 2sec-Timer. Der Fernauslöser ist bei den meisten Kameras auch für Belichtungen >30sec im sog. Bulb-Modus erforderlich.
     
  3. Licht: Um die Sterne gut zu sehen, müsst ihr Stellen finden, an denen es richtig dunkel ist. Um dabei selbst nicht den Durchblick zu verlieren, braucht ihr eine Lichtquelle. Eine Stirnlampe hat den Vorteil, dass beide Hände für die Bedienung der Kamera frei bleiben. Äußerst praktisch ist ein sogenannter Nachtsichtmodus, in dem die Lampe rotes Licht aussendet. Ist zwar nicht so hell wie das weiße Licht, aber die Dunkeladaptation der Augen bleibt erhalten. Das Licht kann außerdem kreativ im Bild eingesetzt werden (Stichwort „Lightpainting“, dazu später mehr).
     
  4. Kamera: Die heutigen Kamerasensoren sind so gut, dass ihr schon mit einer Einsteigerkamera gute Sternenbilder machen könnt. Ein größerer Sensor fängt mehr Licht ein und hat dadurch ein besseres Rauschverhalten, eine Vollformatkamera liefert daher nochmal einen Qualitätssprung. Ich persönlich verwende eine Canon EOS 6D.
     
  5. Objektive: Wie für die Kamera gilt, dass ihr bei guten Bedingungen auch mit dem Kit-Objektiv schon brauchbare Ergebnisse bekommen könnt. Für bessere Qualität gilt es abermals, möglichst viel Licht einzufangen, d.h. lichtstarke Objektive mit großer Offenblende (möglichst F/2.8 oder größer) zu verwenden. Mein absoluter Favorit für die Sternenfotografie ist das Tamron 15-30mm F/ 2.8 Ultraweitwinkelobjektiv. Es ist nicht nur sehr lichtstark, sondern man kriegt durch die geringe Brennweite auch unheimlich viel vom Himmel aufs Bild und kann länger belichten, bevor durch die Erdrotation Sternspuren auftreten (auch hierzu später mehr).

Den Sternen Kontext geben: die Motivauswahl

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Haben wir die bisherigen Tipps befolgt, befinden wir uns nun mit Stativ und Kamera samt lichtstarkem Objektiv in einer sternenklaren Neumondnacht an einem dunklen Ort fernab der Zivilisation. Unter diesen Bedingungen sehen wir über uns einen prächtigen Sternenhimmel. Den Verlauf der Milchstraße kann man dann meist schon mit bloßem Auge erkennen. Doch so schön der Sternenhimmel auch ist, einfach direkt nach oben zu fotografieren ist irgendwie langweilig. Richtig rund wird unser Bild erst durch ein interessantes Vordergrund-Motiv, das den Sternenhimmel in Relation setzt, dadurch die Weite des Universums betont und die ganze Aufnahme in einen Kontext setzt. Hier bietet sich alles Mögliche an: Bäume, Gebäude, Seen, Berge. Schon wenn ich tagsüber unterwegs bin, halte ich oft Ausschau nach potenziellen Motiven. Bäume wirken z.B. besonders gut, wenn sie einzeln stehen und sich gut gegen den Horizont abgrenzen lassen. Sollte gerade kein passendes Motiv zu finden sein, denkt daran: Ihr habt immer noch euch selbst! Warum nicht mal ein Selfie unterm Sternenhimmel? Bei mehreren Sekunden Belichtungszeit heißt es allerdings: Luft anhalten und stillstehen, damit die Aufnahme nicht unscharf wird.

Licht ins Dunkel bringen: die passenden Kameraeinstellungen

Womit wir beim nächsten Punkt wären, den Kameraeinstellungen. Vorweg: Möglichst im RAWFormat fotografieren. Ihr erhaltet dadurch quasi ein digitales Negativ ohne Vorbearbeitung durch die Kamerasoftware. Damit habt ihr hinterher in der Nachbearbeitung am PC wesentlich mehr Spielraum.

Die Belichtungsautomatik eurer Kamera könnt ihr in der Nacht vergessen. Also ab in den manuellen Modus. Auch den Fokus stellt ihr am besten manuell ein, da der Autofokus in der Dunkelheit in der Regel nicht mehr funktioniert. Damit die Sterne scharf werden, fokussiert ihr auf „Unendlich“. Dafür stelle ich mir im Liveview einen besonders großen und hellen Stern ein, den ich mit der Lupenfunktion maximal vergrößere. Anschließend gilt es, diesen durch Drehen am Fokusring so klein und punktförmig wie möglich darzustellen, denn dann habt ihr ihn perfekt im Fokus.

Bei der Einstellung der Belichtung gilt folgendes:

  • Blende immer ganz öffnen (ihr erinnert euch, es geht darum möglichst viel Licht einzufangen)
     
  • ISO liegt bei mir meist zwischen 1600 bis 3200, je nach Lichtstärke und Brennweite des Objektivs können ggf. auch höhere oder niedrigere Werte für eine gute Belichtung erforderlich sein
     
  • Belichtungszeit: Prinzipiell würden wir gerne möglichst lange belichten, um wieder mehr Licht einzufangen und dadurch ein besseres Rauschverhalten und somit bessere Qualität zu erhalten. Die maximal wählbare Belichtungszeit ist jedoch durch die Erdrotation begrenzt. Die punktförmigen Sterne werden sonst zu Strichen, was meist unerwünscht ist (es sei denn man entscheidet sich ganz bewusst dafür, eine „Star Trail“-Aufnahme zu machen).

    Wie lange ihr belichten könnt, bevor Sternspuren entstehen, hängt von eurer Brennweite ab. Als Faustregel gilt: maximale Belichtungszeit in sec = 500/Brennweite. Denkt daran, die Brennweite noch mit dem Crop-Faktor eurer Kamera zu multiplizieren, falls ihr nicht mit einer Vollformatkamera arbeitet. Beispiel: verwende ich mein Tamron 15-30mm bei 15mm an der Canon EOS 6D (Vollformat), kann ich maximal 500/15 = 33sec belichten. Mit dem gleichen Objektiv an meiner EOS 7D Mark II (APS-C, Crop-Faktor 1,6) sind es nur 500/(15x1,6) = 21sec.

Nachbearbeitung: das Beste rausholen

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Die Nachbearbeitung gehört für mich, insbesondere bei der Sternenfotografie, einfach dazu. Euer Kamerasensor fängt nämlich noch deutlich mehr Informationen ein, als uns das Bild so wie es aus der Kamera kommt auf den ersten Blick verrät. Indem ihr etwas mit den Kontrastreglern eurer Bildbearbeitungssoftware spielt, könnt ihr z.B. die Sterne richtig zum Leuchten bringen. Die Milchstraße lässt sich oft durch eine lokale Anpassung noch besser herausarbeiten. Hier konkrete Empfehlungen zu geben ist schwierig, da die Bezeichnungen je nach Bildbearbeitungsprogramm variieren. Ich persönlich verwende Adobe Lightroom und arbeite vor allem mit den Reglern Kontrast, Klarheit, Weiß und Dunst entfernen. Für lokale Anpassungen eignen sich der Radial-Filter oder Korrekturpinsel sehr gut. Auch was die Farben angeht könnt ihr z.B. durch Anpassung des Weißabgleichs ganz unterschiedliche Effekte erzielen. Wie man unschwer erkennen kann, habe ich bei meinen Bildern eine gewisse Vorliebe zu Rosa- und Lilatönen entwickelt. Hier muss jeder seinen eigenen Stil entwickeln, was gefällt ist letztlich Geschmackssache.

So, jetzt habt ihr die wichtigsten Grundlagen an der Hand, um demnächst selber loszuziehen und den ganz besonderen Charme der Sternenfotografie zu erleben!

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Dieser Artikel erschien zuerst im Tamron-Blog.