Helmut Gernsheim war ein Sammler. Zeitlebens war der in München geborene Fotohistoriker darauf bedacht, sein Fotoarchiv mit bedeutenden historischen und zeitgenössischen Arbeiten zu füllen – darunter eine der wichtigsten Foto-Dokumente überhaupt: Joseph Nicéphore Niépces „Blick aus dem Fenster in Le Gras“, das erste Foto der Welt.
Wie eine verwische Kohlezeichnung wirkt das Bild, das Gernsheim im Jahr 1952 aufstöberte. Zu erkennen ist kaum mehr als ein schwarz-weißer Hinterhof, Mauern, ein Schrägdach und mit viel Phantasie ein Horizont, der die Landschaft der französischen Stadt Le Gras zeigt. Und doch ist dieses unscheinbare Foto das entscheidende Puzzlestück in Gernsheims Sammlung, denn es gilt als das erste jemals geschossene Foto. Über fünf Jahrzehnte galt das Bild als verschollen, nachdem es 1898 in London verschwand. Erst die akribische Suche durch Gernsheim brachte das Werk wieder ans Licht. Sie lagerte in einem Überseekoffer.
Die Gernsheim Sammlung hält aber noch weitere Schätze bereit: Akt-, Architektur-, Reise-, Stadt-, Landschafts- und Porträtfotografie ebenso wie experimentelle und journalistische Bilder weltbekannter Fotografen. Im Laufe seines Lebens häufte Gernsheim tausende Foto-Dokumente an, die nun anlässlich seines 100. Geburtstags in Mannheim präsentiert werden. Das besondere daran: Nachdem er den historischen Teil seiner Sammlung in den sechziger Jahren an die Universität Texas in Austin veräußerte, waren diese Bilder seither nicht mehr in Europa zu sehen. Die Zusammenführung mit dem zeitgenössischen Teil der Sammlung ermöglicht dem Betrachter einen einmaligen Einblick in die fast zweihundertjährige Geschichte der Fotografie.
Die Geburtsstunde der Fotografie - Meilensteine der Gernsheim-Collection
9.9.2012 - 6.1.2013
Forum Internationale Photographie, Museum Zeughaus C5, Reiss-Engelhorn-Museen