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Jan Scholz im Interview: Über analoge Aufnahmen, die einem Kinofilm entsprungen sein könnten

Jan Scholz fotografiert mit analogen Kameras – von 35mm Kleinbild über Mittel- bis zum Großformat. Seine Motive: Menschen, die er im natürlichen Licht inszeniert. Nicht selten erinnern seine Aufnahmen an Szenen, die einem Kinofilm entsprungen sein könnten.

Der Fotograf

Jan Scholz (45) ist gebürtiger Ostfriese, der über Hamburg, Maastricht und weiteren Stationen mittlerweile seit zehn Jahren in Brüssel wohnt und arbeitet. Dort ist er für eine europäische Organisation im Bereich Luftverkehr angestellt. Sein Hobby Fotografie betreibt er seit nunmehr 14 Jahren – angefangen mit Straßenfotos hat sich Scholz inzwischen ganz auf Menschen und die Porträtfotografie spezialisiert. Seine Aufnahmen entstehen mit analogen Kameras.

Mehr zu seiner Arbeit und zu den Fotoworkshops, die er gibt, erfahren Sie unter:

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Jan Scholz im Interview

Die analoge Fotografie erfährt seit einigen Jahren ein regelrechtes Wiedererwachen. Es ist die Ästhetik und die Entschleunigung, die Fotografen auf die alte Technik rückbesinnt. Jan Scholz ist einer davon. Der in Belgien lebende Porträtfotograf darf eine ganze Sammlung analoger Kameras sein Eigen nennen. Wir haben uns mit ihm über sein Interesse am Filmmaterial unterhalten und darüber, wie er zu seinem persönlichen Stil gefunden hat.

DigitalPHOTO: Jeder Fotograf hat eine eigene Geschichte, wie er oder sie zur Fotografie gekommen ist – was ist Ihre Geschichte?

Jan Scholz: Interessiert habe ich mich für Fotografie schon seit meinem Studium, habe Ausstellungen besucht – ohne auf die Idee zu kommen, es selbst zu probieren. Vor 14 Jahren habe ich angefangen, in Maastricht, in den Niederlanden, zu arbeiten. Eine wunderschöne Stadt, die einfach zum Fotografieren einlädt. Zeitgleich wurden die ersten DLSRs einigermaßen erschwinglich. Ich kaufte mir also eine Nikon D70 und fing an, die Stadt zu fotografieren. Zeitgleich entdeckte ich Fotografieportale und zeigte dort meine Aufnahmen. Das positive Feedback motivierte mich, das Ganze intensiver zu verfolgen.

» Hotelzimmer sind Orte, an denen Jan Scholz gern fotografiert. Scholz sucht gezielt auf Hotel-Portalen im Internet nach spannenden Motiven.

Die Digitalkamera haben Sie mittlerweile allerdings zur Seite gelegt, richtig?

Irgendwann nahm ich eine alte Nikon-Film-SLR mit auf meine Shootings. Die Ästhetik hat mir sofort gefallen – speziell in Schwarzweiß. Ich habe es nie geschafft, meine digitalen Fotos in ein schönes Schwarzweiß zu verwandeln. Analoge Aufnahmen sehen einfach klassisch, zeitlos schön aus. Das passte perfekt zu den Bildern, die ich machen wollte. Ich hatte bereits Geld angespart, um mir eine Nikon D3 zu kaufen. Davon habe ich mir dann eine alte Hasselblad 501cm und eine Leica M6 gekauft – und irgendwann habe ich nur noch auf Film fotografiert.

Was ist, neben der Ästhetik, der größte Unterschied zur digitalen Fototechnik?

Das Fotografieren auf Film hat mich dazu angeregt, zwei-, dreimal hinzuschauen, bevor ich auslöse, und sehr selektiv zu sein – bewusst auf Licht, Ausdruck, Komposition zu achten. Im Endeffekt fotografierte ich viel weniger Fotos, kam aber mit deutlich mehr guten Bildern nach Hause.

» Wie eine Filmszene: Die Bildsprache des Fotografen Jan Scholz erinnert bisweilen an alte Hollywood-Klassiker.

Wie sind Sie zur Porträtfotografie gekommen?

Ich habe schnell gemerkt, dass mich Fotos von Menschen am meisten faszinieren. In meiner Zeit in Maastricht kannte ich niemanden – also habe ich mich an eine kleine Modelagentur in der Stadt gewandt und fing dort an, Models zu fotografieren. Was mich am meisten daran fasziniert, ist, dass das Ergebnis so unvorhersehbar ist. Es hängt vom Model und vom Fotografen ab, ob Bilder gelingen. Die Chemie muss stimmen.

Sie schaffen es, eine ganz eigene Atmosphäre zu erzeugen, haben eine eigene Handschrift.

Ich lasse mich treiben, von dem, was ich schön und ästhetisch finde, ohne zu sehr vorzuplanen. Ich schaue, was die Location hergibt, was zum Model passt, wie die Stimmung ist und dann fotografiere ich einfach drauf los. Das fand ich sehr interessant, als ich anfing zu fotografieren: Ohne mir Gedanken darüber zu machen, wie meine Fotos aussehen sollten, kam immer wieder eine gewisse Atmosphäre durch.

» Es sind intime Augenblicke, die der in Belgien lebende Fotograf Jan Scholz festhält – stille Momente gebannt auf Film. Seine Aufnahmen haben eine cineastische Bildsprache, u. a. dank der einzigartigen Ästhetik der analogen Fototechnik.

Viele Aufnahmen entstehen in Hotels, warum?

Ein sehr wichtiger Faktor ist für mich eine angenehme, entspannte Atmosphäre. Im Hotelzimmer werden wir nicht gestört und können uns auf das Fotografieren konzentrieren. Wenn ich auf der Straße in der Stadt mit einem Model arbeite, dauert es oft nur Minuten, bis der Erste dem Model hinterherpfeift oder Kommentare abgibt, was dann mich und das Model ablenkt.

Täuscht der Eindruck oder wirken Ihre Fotos bewusst so, als seien sie einem alten Hollywood-Kinofilm entsprungen?

Das höre ich sehr gerne, da ich das oft meinen Models als Anweisung gebe: Ich will es aussehen lassen, als wäre es eine Szene aus einem Film. Es soll nicht so aussehen, als würde das Model für mich posieren, sondern wie ein Moment, der wirklich so passiert sein könnte.

» Ästhetik analoger Filme: Vor allem die sanften Farbtöne sind ein wichtiger Grund, warum Fotograf Jan Scholz analog fotografiert. Dabei arbeitet er ausschließlich mit natürlichem Licht.

Arbeiten Sie nur mit natürlichem Licht?

Als ich noch digital fotografiert habe, hatte ich fast immer Studioblitze dabei oder zumindest einen Reflektor. Film und natürliches Licht passen einfach gut zueinander. Daher arbeite ich heute ohne Blitzlicht.

Toll sind die pastellnen Farben auf Ihren Fotos.

Sie sind ein Grund, warum ich gerne mit Film fotografiere – gerade in Mittelformat und Großformat bekomme ich meist sehr saubere und feine Farbtöne. Das liegt aber auch an meinem Labor in Spanien, die aus dem Film das Beste rausholen und mir dann wunderbare Scans zuschicken.

Nutzen Sie überhaupt eine digitale Nachbereitung?

Wenn ich die Scans bekomme, sind die quasi schon fertig. Meistens muss ich nur den Ausschnitt etwas anpassen, weil ich die Kamera mal wieder nicht gerade gehalten habe. Wenn eine Steckdose im Bild ist, dann stempele ich die raus, aber das war es auch. Ich sitze nicht gern am Computer und editiere Fotos, ich schaue lieber durch die Kamera und mache Fotos. Meistens sind es nur ein paar Klicks in Lightroom und ich bin fertig mit meiner Nachbearbeitung.

» Scholz liebt es, in der Natur zu fotografieren, nur das Wetter macht ihm in Belgien oft einen Strich durch die Rechnung.

Sie geben auch Workshops. Was passiert da?

Workshops gebe ich fast ausschließlich mit einem befreundeten Fotografen aus den USA. Wir haben zusammen an einer YouTube-Serie über Filmfotografie teilgenommen („Framed Show“ Anm. d. Red.) und sind seitdem beste Freunde. Einmal im Jahr treffen wir uns irgendwo und veranstalten einen Workshop: zwei Tage mit einer kleinen Gruppe, ein paar Models und dann fotografieren wir zusammen. Als Nächstes planen wir etwas für April oder Mai 2020.

Was stehen in diesem Jahr noch für Projekte an?

Die Fotografie ist mein Hobby – ich verdiene damit nicht mein Geld. Neben Job und Familie bleibt da nicht viel Zeit. Daher fotografiere ich nur, was mich wirklich fasziniert. Dieses Jahr möchte ich mehr „normale Menschen“ porträtieren, also ein bisschen weniger Model-Shooting. Ich würde sehr gerne weitere neue Projekte starten, aber zeitlich ist das nicht so einfach. Meine Familie zu fotografieren, wird mehr und mehr zu meinem Hauptprojekt.

» Meistens hat Scholz mindestens zwei Kameras dabei, eine mit Farbfilm, die andere mit Schwarzweißfilm. Bei monochromen Bildern sucht er gezielt nach Linien und Kontrasten.

Fotografieren wie Jan Scholz: 3 Profi-Tipps für die Porträtfotografie

  • Sorgen Sie für eine entspannte Atmosphäre – nur so entstehen authentische Aufnahmen.
  • Helfen Sie dem Model, wenn Posen nicht gleich funktionieren. Geben Sie klare Anweisungen, ohne dominant zu sein. Letztlich sind gute Porträts ein Zusammenspiel zwischen der Arbeit des Fotografen und des Models.
  • Models finden Sie über Webseiten wie www.model-kartei.de. Aber auch über Instagram und Co. kann man fündig werden.