Es ist wieder so weit. Der Pirelli-Jahreskalender wird der Öffentlichkeit vorgestellt, und für einen kurzen Moment schaut die gesamte Fotowelt auf nichts anderes, denn sind wir mal ehrlich: internationale Top-Models, nackte Haut und ein Weltklasse Fotograf treffen aufeinander, bekommen viel Zeit und ein sehr gutes Budget – das kann nur gutgehen.
Dass der italienische Reifenhersteller sich in diesem Jahr für Steve McCurry als Auserwählten entschieden hat, war dann aber doch überraschend – auch für Fotografen. Bekannt wurde McCurry mit seinem Bild eines afghanischen Flüchtlingsmädchens, dessen stechend grüne Augen kurze Zeit später das Cover des „National Geographic“ Magazins schmückte, das bis heute zu einem der bekanntesten Fotoaufnahmen der Welt zählt. McCurry findet seine Motive auf den Straßen dieser Erde: ob Fakire in Indien, Gewürzhändler in Pakistan oder Fischer in Sri Lanka. Verständlich, dass McCurry für den Pirelli-Kalender 2013 ebenfalls unter freiem Himmel arbeitete. Die aufstrebende Metropole Rio de Janeiro stand für seine Aufnahmen im Mittelpunkt. „Ich ging viel in den Straßen spazieren, betrachtete das alltägliche Leben und machte sehr viele Aufnahmen“, erzählt Steve McCurry. „Dabei suchte ich den Augenblick, in dem das Motiv eine gewisse Spannung verriet.“
Models engagieren sich für wohltätige Zwecke
Sämtliche internationalen Top-Models, die McCurry in Rio porträtierte, vereint ihr Einsatz für humanitäre Projekte. Die Brasilianerin Sonia Braga setzt sich für die Rechte von Kindern in ihrem Heimatland ein und fördert junge Künstler. Auch Isabeli Fontana engagiert sich für hilfsbedürftige Kinder in Brasilien. Die Tunesierin Hanaa Ben Abdesslem ist Sprecherin der Organisation „Ngo Esmâani“, die sich für Kranke und Bedürftige in dem nordafrikanischen Land einsetzt.
Top-Models als Menschen
Für den Straßenfotograf, wie sich Steve McCurry selbst bezeichnet, war es die größte Herausforderung, die Models so zu fotografieren, wie sie sind – menschlich. Allerdings kann man einem Profi-Model das Posieren nicht gänzlich ausreden, und so ließ McCurry den Models alle Freiheiten, nutze aber jede Gelegenheit bei der sich die Models unbeobachtet fühlten.
Gleichzeitig spielte der zeitliche Rahmen eine nicht unwesentliche Rolle, schließlich hat jedes Model einen engen Terminkalender.
Samba und Favela
Zwei Wochen war McCurry in der pulsierenden Samba-Metropole unterwegs. Klar, dass sich einer wie er auch in den Armenvierteln der Stadt aufgehalten hat, zu sehr interessieren ihn Farben und Menschenmengen. „Mein Ziel war es, Brasilien, seine Landschaft, seine Wirtschaft und seine Kultur zu porträtieren und dabei das menschlichen Element zu berücksichtigen“, erläutert McCurry seinen Ansatz. „Für mich ist die Fotografie ein bedeutendes und ausdrucksstarkes Mittel, um die großen und kleinen Geschichten des täglichen Lebens zu erzählen.“
Mit der diesjährigen Produktion ist Steve McCurry einer der vielleicht ungewöhnlichsten Pirelli-Kalender gelungen. So wenig nackte Haut wie unter seiner Regie gab es selten zuvor, und doch – oder gerade deshalb – stechen seine Arbeiten aus den Motiven der Vorjahre heraus. Bars, Märkte, Nachtclubs: in Rio pulsiert das Leben, und mit schönen Frauen erzählt McCurry Geschichten der Weltstadt auf seine einzigartige Weise.