Ratgeber

DSGVO - darauf müssen Fotografinnen und Fotografen achten

DSGVO - fünf Buchstaben, die noch immer für einige Verunsicherung sorgen: Seit dem 25. Mai 2018 gilt die Datenschutz-Grundverordnung der Europäischen Union, um das Recht auf den Schutz personenbezogener Daten vor allem im Netzverkehr zu sichern. Bei Verstößen gegen die DSGVO können hohe Bußgelder drohen. Lesen Sie hier nach, wie die leider sehr unklare Rechtslage bezüglich Fotografien im Netz aussieht.

In der Kölner Kanzlei von Rafaela Wilde, Michael Beuger und Christian Solmecke lief Mitte 2018 das E-Mail-Postfach über und das Telefon heiß. Fragen über Fragen häuften sich bezüglich der neuen Datenschutz-Grundverordnung. Ist meine Webseite, beruflich oder privat, betroffen? Was habe ich als Fotograf oder Fotografin zu befürchten, wenn ich Bilder von Personen online stelle? Die Kölner Kanzlei hat hier die häufigsten Antworten auf Fragen von Menschen, die in der Medienbranche arbeiten, auf ihrer Webseite zusammengestellt und DigitalPHOTO freundlicherweise die Genehmigung erteilt, diese hier auch noch einmal für Fotografinnen und Fotografen zusammenzufassen. Doch auch wir wurden im Voraus gewarnt: "Es werden offene Fragen übrigbleiben."

Der Rechtsanwalt

Christian Solmecke hat sich als Rechtsanwalt und Partner der Kölner Medienrechtskanzlei WILDE BEUGER SOLMECKE auf die Beratung der Internet und IT-Branche spezialisiert. So hat er in den vergangenen Jahren den Bereich Internetrecht/E-Commerce der Kanzlei stetig ausgebaut und betreut zahlreiche Medienschaffende, Web 2.0 Plattformen und App-Entwickler.

Keine rechtliche Klarheit für Fotografien

Dies ist unter anderem bedingt durch eine mangelnde klare Vorgabe, inwiefern die DSGVO zukünftig Aufnahmen von erkennbaren Personen sowie die Veröffentlichung dieser Fotos betrifft. Denn das Veröffentlichen von Fotografien fällt eigentlich unter das Kunsturhebergesetz, kurz KUG. Dies hatte bisher Vorrang vor den Bundesdatenschutzgesetzen. Die Anfertigung eines Fotos hingegen unterfiel bislang eigentlich keinem spezielleren Gesetz. Doch anstelle hier die Kriterien des bisherigen BDSG anzuwenden, nahm die Rechtsprechung immer eine Interessenabwägung im Einzelfall vor. Wenn also die fotografierte Person überwiegende Interessen daran hatte, nicht fotografiert zu werden, konnte sie schon die Aufnahme untersagen. Dies war meistens der Fall, wenn eine spätere Veröffentlichung nach dem KUG unter keinen Umständen zulässig gewesen wäre.

Ob und wie die DSGVO nun das KUG bzw. die bisherige Regelung zur Aufnahme von Fotos verdrängt und was das für Folgen für Fotografinnen und Fotografen hat, ist selbst unter Juristinnen und Juristen umstritten. Inzwischen hat eine Stellungnahme des Bundesinnenministeriums (BMI) zumindest für Klarheit dahingehend gesorgt, welche Absicht der Gesetzgeber dabei hatte, keine spezielle Regelung für Fotografinnen und Fotografen zu treffen: So soll zukünftig die Aufnahme einer Fotografie unter die DSGVO fallen, deren Veröffentlichung aber weiterhin unter das KUG.Diese Ansicht ist jedoch in sich sehr widersprüchlich“, bemängelt Rechtsanwalt Christian Solmecke. „Denn die datenschutzrechtliche Einwilligung ist frei widerruflich, die nach dem KUG nicht. So könnte man aber die Regelungen des KUG unterlaufen, indem man einfach die Einwilligung in die Aufnahme widerruft. Hinzu kommt, dass die Meinung des BMI nicht in Stein gemeißelt ist und die Gerichte etwas anderes entscheiden können.“ So kann es auch dazu kommen, dass zukünftig sowohl für die Aufnahme als auch für die Veröffentlichung eines Fotos in der Regel die DSGVO anwendbar sein wird.

Warum geht mich als Fotografin oder Fotograf die DSGVO an?

Jedes Foto, auf dem ein Mensch deutlich zu erkennen ist, gilt als personenbezogen und ist damit ein Fall für die DSGVO - übrigens auch dann, wenn nicht dazugeschrieben wird, um wen es sich handelt. Die EU-Kommission äußert sich hier unmissverständlich: "Selbst, wenn das Foto der Person ohne den Namen der abgebildeten Person veröffentlicht wird, ist diese Person bei einer Zuordnung des Namens identifizierbar". Auch Digitalfotos ohne zuordbare EXIF-Daten sind also personenbezogen, solange der abgebildete Mensch darauf deutlich darauf zu sehen ist. Jede weitere Verarbeitung dieses Bildes betrifft ab Aufnahme personenbezogene Daten. Soweit nichts Neues, laut Solmecke.

Ich fotografiere beruflich/privat - bin ich betroffen?

Nur eine Berufsgruppe ist derzeit in dem meisten Landesgesetzen explizit von der DSGVO ausgenommen, und zwar Pressefotografinnen und Pressefotografen. Diese können sich auf das sogenannte "Medienprivileg" berufen - aber nur, wenn das Fotografieren tatsächlich zu einem journalistischen Zweck dient. Damit sollen eine unabhängige Pressearbeit weiter gewährleistet und Reporterinnen und Reporter in der Ausführung ihres Berufes nicht gehindert werden. "Daher sind etwa die Recherche, Redaktion, Fotografie, die Veröffentlichung von Berichten und Fotos, Dokumentation und Archivierung personenbezogener Daten zu publizistischen Zwecken umfassend geschützt," so Solmecke. Maßgebend ist vor allem Zweck der Publikation - gilt es als meinungsbildend, könnte hier sogar ein Blog unter die Regelung des Medienprivilegs fallen. Hier kommt es allerdings auf den Einzelfall an.

Die DSGVO betrifft also alle anderen Berufsfotografinnen und -fotografen und je nach landesrechtlicher Regelung meist auch Fotokünstlerinnen und Fotokünstler. Ebenfalls nicht wirklich festgelegt ist die Lage für freie Fotografinnen und Fotografen, die ihre Fotos an die Presse verkaufen. "Hier wird man wohl sagen müssen, dass dies keine klassische Pressetätigkeit ist und sich nur das Unternehmen, das die Fotos selbst zu journalistischen Zwecken kauft, sich auf das Medienprivileg berufen kann", meint der Kölner Rechtsanwalt.

Was ändert sich nun konkret für mich?

Zukünftig wird wahrscheinlich für die Aufnahme eines Fotos entweder eine DSGVO-konforme Einwilligung der zu fotografierenden Personen oder eine andere Erlaubnisnorm der DSGVO nötig sein. Einige Praktiken in der beruflichen Fotografie gelten hier aber bereits als sogenannte "Erlaubnistatbestände":

- Die Aufnahme erfüllt einen Vertrag, beispielsweise einen Model-Release oder der Auftrag zur Anfertigung von Bewerbungsfotos. "Wer sich auf diese Rechtsgrundlage stützen kann, ist auf der sicheren Seite," so Christian Solmecke. Achtung: Betrifft der Vertrag nur die Veranstalter eines Events, beispielsweise einer Hochzeit, gilt er nicht automatisch für alle Gäste. 

- Die Aufnahme ist zur Wahrung eines berechtigten Interesse des Verantwortlichen erforderlich und die Interessen bzw. Grundrechte der abgebildeten Personen überwiegen nicht. Dies könnte beispielsweise der Veranstalter eines Großevents, wie eines Konzertes sein, insbesondere wenn ein Schild aufgehängt wird, das die Gäste über die Aufnahmen informiert. "Hier eröffnet sich auch ein Spielraum für die Hochzeitsfotografie: Dort ist jedem klar, dass Fotos gemacht werden, insbesondere wenn das Hochzeitspaar am Anfang auf diesen Umstand hinweist", so Solmecke, der außerdem die Hoffnung ausspricht, dass Gerichte im Einzelfall bei diesen Fotos auf die bislang bewährten Fallgruppen der Rechtsprechung vorzieht.

Was muss ich bei einer Einwilligung der zu fotografierenden Person beachten? 

Theoretisch gilt bereits ein freundliches Nicken als Einwilligung, ein Foto zu machen, doch Vorsicht: "Fotografen haben zukünftig die Pflicht, nachzuweisen, dass die Einwilligung tatsächlich vorliegt. Daher empfiehlt sich dennoch eine Unterschrift", fügt Rechtsanwalt Solmecke hinzu. Eine solche schriftliche Einwilligung muss nach Art. 4 Nr II der DSGVO

- sich auf einen bestimmten Fall und Verarbeitungszweck beziehen

klar formuliert und gut zugänglich sein

- möglicherweise nicht mehr zwangsläufig an den Besuch einer Veranstaltung gekoppelt sein

- auf jederzeitige Widerrufsmöglichkeit hinweisen.

Dass die Abgebildeten von einem Widerspruchsrecht Gebrauch machen können, ist wohl die größte Änderung, denn dies war bisher unter dem Kunstuhrhebergesetz nur in sehr strengen Ausnahmefällen möglich. "Das einhergehende Risiko dürfte die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Fotos und Videos bedrohen. Es bleibt zu hoffen, dass die Rechtsprechung hier zugunsten der Meinungs- und Informationsfreiheit Ausnahmen vorsehen kann und wird," so Solmecke.

Eine lange Liste der weiteren Rechte, die Fotografierte theoretisch haben, findet sich hier. So besteht zum Beispiel ein Auskunftsrecht, bei dem über die Verarbeitungszweck der personenbezogenen Daten, hier also Fotos, aufgeklärt werden muss - und das bei einer Frist, die nicht länger als zwei Monate betragen darf. Auch gibt es das sogenannte "Recht auf Vergessenwerden", also Löschung der Fotos. Und inwiefern eine Informationspflicht vor der Aufnahme besteht, ist nicht geklärt. Gerade bei Aufnahmen von großen Menschenmengen könnte es hier also zukünftig Ausnahmen geben. 

Wie verhält es sich mit dem Speichern von Fotos?

Beim Schließen eines Vertrages mit dem Auftraggeber findet eine sogenannte Auftragsverarbeitung statt. Als Fotografin oder Fotograf ist man nun also auch Auftragsverarbeiterin bzw. Auftragsverarbeiter. Und diese Personengruppe betrifft die DSGVO noch einmal schärfer. "Denn anders als nach den Regelungen des früher geltenden Bundesdatenschutzgesetzes ist der Auftragsverarbeiter künftig für die Datenschutzkonformität der Verarbeitungsprozesse mitverantwortlich," so Solmecke. Weitere Ausführungen zu den Pflichten bei einer Auftragsverarbeitung finden Sie hier. Noch komplizierter wird es, wenn hierzu ein Cloud-Dienst verwendet wird, der außerhalb der EU sitzt, wie zum Beispiel Google Drive. Dann kommen noch die Regeln zur Datenübermittlung ins außereuropäische Ausland hinzu. 

Was passiert, wenn ich gegen die DSGVO verstoße?

Wie auch bei allen anderen Fragen, kann hier nur geantwortet werden: es ist nicht klar und es hängt vom Einzelfall ab. "Leider bestehen derzeit für alle Fotografen diverse Rechtsunsicherheiten und Risiken, die wir derzeit nicht ausräumen können. Hierfür ist auf Klarstellungen der Rechtsprechung zu warten", meint Solmecke. Eines ist ganz sicher: Abmahnkanzleien werden diese Situation sowie die derzeit verbreitete Verunsicherung von Fotografinnen und Fotografen für ihre Zwecke ausnutzen. Der Kölner Medienanwalt rät hier: "Ruhe bewahren und einen Anwalt kontaktieren. Denn gerade weil hier die Klärung durch die Gerichte abzuwarten ist, besteht eine gute Chance, hier Recht zu bekommen."

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Fazit

Eine eindeutige Anleitung, wie Fotografinnen und Fotografen unter der DSGVO handeln müssen, wäre wünschenswert, kann aber derzeit selbst von Rechtsanwältinnen und -anwälten nicht verbindlich gegeben werden. Die hier zusammengestellten Informationen sollten also unter eigener Verantwortung gelesen und umgesetzt und bei Zweifel professioneller Beistand gesucht werden.