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Willkommen in der Fantasiewelt der Fotografin Dina Belenko

Wie eine Zauberkünstlerin verwandelt die Russin Dina Belenko Alltagsgegenstände in ein malerisches Schauspiel. Ihre Fantasie scheint keine Grenzen zu kennen. Hinter jedem Foto steckt ein ausgeklügeltes Konzept. Wie ihre einzigartigen Kunstwerke entstehen und welche Hilfsmittel sie dafür benötigt, hat uns Dina in unserem großen Profi-Interview verraten. 

Dina Belenkos Welt besteht aus Zuckerwürfeln, Wattewolken, Kaffeetassen und Wunderkerzen. Aus diesen Zutaten kreiert die Russin malerisch schöne Stillleben. Ihr Stil ist mittlerweile zu einem echten Markenzeichen geworden. Was so spielerisch aussieht, bedarf akribischer Vorbereitung und jeder Menge Fantasie. Wir haben Dina nach ihren ersten fotografischen Gehversuchen gefragt und danach, woher sie sich Inspiration für ihre Kunstwerke holt.

Bevor wir in deine sagenhafte Welt eintauchen, musst du uns verraten, wie du mit der Fotografie in Berührung gekommen bist?

Dina Belenko: So weit ich mich erinnern kann, fotografiere ich seit meiner Schulzeit. Damals porträtierte ich hauptsächlich meine Freunde – eine gute Übung übrigens, das denke ich heute oft. Ehrlich gesagt interessierte mich einfach vieles. Ich fotografierte Pflanzen, Landschaften, eigentlich alles, das mich umgab. Irgendwann nahm ich das Fotografieren ernster, indem ich mich intensiver damit beschäftigte.

Hast du später eine Fotoausbildung gemacht?

Nein, Fotografie habe ich nie studiert – aus unterschiedlichen Gründen. Es gab in der Stadt,in der ich aufgewachsen bin, keine Fotoschulen oder dergleichen. Die wenigen Kurse, die angeboten wurden, drehten sich um Hochzeits- oder Landschaftsfotografie und das fand ich dann doch nicht so spannend. Zu dieser Zeit begann ich bereits, Konzepte für meine Aufnahmen zu erstellen. Ich machte Skizzen und plante den Bildinhalt immer akribischer. Vor allem verstand ich, dass mich die Stillleben-Fotografie am meisten faszinierte und dass ich ein gewisses Talent dafür hatte – also zumindest theoretisch.

Um einen fotografischen Stil zu entwickeln, ist es wichtig

herauszufinden, was man liebt. Fotografen sollten

Geschichten erzählen, die sie selbst hören möchten.

Dina Belenko, Stillleben-Fotografin

Praktisch auch! Dein Stil ist heute weit entwickelt. Wie lange hast du dafür gebraucht?

Ein visueller Stil ist ja so etwas wie eine Handschrift, die man Schritt für Schritt lernt. Wenn man sie beherrscht, kann man vielleicht eine andere Handschrift imitieren – die eigene fühlt sich aber immer natürlicher an, wie ein Teil von dir. Um einen fotografischen Stil zu entwickeln, ist es wichtig herauszufinden, was man liebt. Fotografen sollten Geschichten erzählen, die sie selbst hören möchten. Eigentlich geht es auch nicht um einen Stil, sondern um eine Passion.

Sind Stillleben deine Passion?

Gegenstände fand ich schon immer interessant, weil für mich hinter allen Dingen eine Geschichte steckt. Eine rauchende Pfeife und eine Lupe lassen mich sofort an Sherlock Holmes denken, ein heruntergefallener Apfel an Schneewittchen oder vielleicht auch an Isaak Newton. Es müssen nicht immer die offensichtlichen Dinge sein – auch der Gehstock meiner Großmutter oder eine Muschel von einem Urlaub am Meer können Ausgangspunkte für eine neue Geschichte sein. Das ist es, was mich begeistert. Ich möchte diese Dinge fotografisch so umzusetzen, wie ich es für richtig halte. Über einen visuellen Stil versuche ich mir dabei keine Gedanken zu machen.

Spielst du gern mit Essen?

Ja, wer macht das nicht? Essen und Trinken sind essentielle Dinge der visuellen Sprache, denn beides ist jedem bekannt und damit kann jeder gleich etwas anfangen.

Hast du ein Beispiel für uns?

Angenommen, man möchte ein Foto von einem Wissenschaftler machen, dann könnte er doch vielleicht einen Kaffee trinken, während er recherchiert. Ein Künstler könnte seine benutzten Pinsel in eine Teetasse stellen. Diese Gegenstände sind universell und auf der ganzen Welt geläufig. Wir alle können damit sofort etwas assoziieren und Fotografen könnten sie theoretisch überall hin mitnehmen. Was ich damit sagen will, ist, dass ich die Einfachheit der alltäglichen Dinge mag.

Würdest du dich denn eher als Food-Fotografin oder als Stillleben-Fotografin bezeichnen?

Definitiv als Stillleben-Fotografin! Mit Essen arbeite ich nicht immer. Manchmal bekomme ich Aufträge von Profiköchen, deren wundervolle Kreationen ich dann fotografieren darf. Für meine eigenen Projekte nutze ich meist nur Kaffee und Sü.igkeiten. Diese Dinge sind aber nur zwei Bestandteile des ganzen Bildes.

Wie kommst du auf deine Bildideen?

Manchmal sehe ich Dinge und habe direkt eine Idee vor Augen, wie ich daraus eine Aufnahme gestalten könnte. Zimmerpflanzen auf einem Fensterbrett sehen für mich aus wie der Dschungel und Zuckerwatte ist sicherlich die schönste Wolke, in die man hineinfliegen möchte.

Du holst dir deine Inspiration also von überall?

Es gibt Tage, da mache ich Listen. Ich geh durch meine Wohnung und notiere mir Dinge, die mir auffallen – Gegenstände aus meiner Küche, dem Wohnzimmer oder von meinem Arbeitstisch. So kann eine erste Geschichte entstehen. Manchmal dauert es auch ein bisschen länger. Dann kombiniere ich verschiedene Listen zu einem neuen Projekt oder probiere mich an Ideen, die ich eigentlich schon zur Seite gelegt hatte. Ich kann nur empfehlen, Dinge auszuprobieren. Vielleicht wird das Bild nie fertig, aber zumindest habe ich es versucht. Außerdem kann es mir so nie passieren, dass ich einmal nicht weiß, was ich fotografieren soll. Mir helfen solche Listen.

Wie legst du los? Wie sehen deine Abläufe aus?

Alles beginnt mit einer Skizze. Wenn ich ehrlich bin, ist das sogar der schönste Teil der Arbeit. Hier sehe ich, welche Dinge ich für die Aufnahme benötige und wie ich sie anordnen werde. Wenn ich fotografiere, nehme ich mir ein paar Gegenstände, die ich für schön erachte, und baue daraus eine erste Komposition. Als ich noch ohne Skizze gearbeitet habe, fühlte ich mich wie ein Reisender ohne Landkarte. Es kann schön sein, ohne Plan zu reisen, aber man kann sich auch verlaufen. Ich bevorzuge es, einen Plan zu haben.

Bestehen deine Bilder nur aus einer Aufnahme?

Die meisten Bilder bestehen aus einem Foto. Nur wenn sich Sachen bewegen, also Wassertropfen, fliegende Funken, fallende Blätter, kombiniere ich mehrere Aufnahmen. Manchmal geht es einfach nicht anders. Ich arbeite in der Regel allein und kann Dinge nur einzeln bewegen.

Arbeitest du auch mit Photoshop?

Eher nicht. Ich versuche, so gut es geht, puristisch zu arbeiten und nehme Korrekturen immer bereits während der Aufnahme vor. Nur wenn ich schon vorher weiß, dass etwas nur mit Hilfe von Photoshop umgesetzt werden kann, mache ich das auch so. Für mich ist das aber gar nicht so wichtig. Entscheidend ist doch die Idee. Dem Betrachter ist es egal, ob ein Bild aus einer oder mehreren Aufnahmen besteht – Hauptsache, es löst etwas bei ihm aus. Die Idee ist wichtiger als die Werkzeuge, oder etwa nicht?

Die richtige Komposition

zu finden braucht Zeit.

Es ist wie eine Sprache,

die es zu lernen gilt.

Dina Belenko, Stillleben-Fotografin

Bleiben wir noch beim Bildaufbau. Wie wichtig ist die richtige Komposition in deinen Arbeiten?

Gegenfrage: Gibt es Fotografen, denen die Komposition nicht wichtig ist? Schließlich gibt der Bildaufbau doch die Lesart einer Aufnahme wieder. Für mich ist die Komposition nach der Ideenfindung das Wichtigste überhaupt. Auch hier ist es entscheidend, immer im Auge zu behalten, welche Geschichte man mit dem Bild erzählen will und anhand dessen den Aufbau zu arrangieren. Soll das Foto ausgewogen oder dynamisch sein? Die richtige Komposition zu finden braucht Zeit. Man muss viel üben. Es ist wie eine Sprache, die es zu lernen gilt.

Brauchst du für deine Fotos spezielle Hilfsmittel, die dir die Arbeit erleichtern?

Oh ja! Ohne meine extralangen Zahnarztpinzetten gehe ich gar nicht erst aus dem Haus. Außerdem habe ich immer doppelseitiges Klebeband, Wattestäbchen, Büroklammern und Kreppband dabei. Alles Dinge, die für mich überlebenswichtig sind! Sehr gerne benutze ich auch eine Klebepistole. Damit habe ich schon ganze Türme aus Würfelzucker gebaut und Zitronenscheiben gestapelt. Dünner Draht kann ebenfalls sehr hilfreich sein, besonders dann, wenn ich Sachen schweben lassen möchte. Draht ist wesentlich einfacher zu benutzen als beispielsweise Angelleine, weil er deutlich flexibler ist.

Kann es sein, dass du sehr präzise vorgehst?

Wenn ich fotografiere, bin ich absolut fokussiert. Es ist allerdings nicht immer leicht, die Aufmerksamkeit zu halten. Mittlerweile gehe ich daher so vor, dass ich mir eine Stunde genau einteile: 45 Minuten konzentriertes Arbeiten ohne Telefonate, E-Mails oder dergleichen – die verbleibenden 15 Minuten nutze ich für einfache Aufgaben und für kurze Pausen. Mit dieser Methode komme ich sehr effizient voran. 

Herrscht in deinem Studio Durcheinander?

Ich versuche, Ordnung zu halten. Es ist für mich einfacher, so zu arbeiten. Immer gelingt mir das aber nicht. Vor allem, wenn ich Flüssigkeiten fotografiere, sieht es anschließend wild aus.

Kannst du uns zum Schluss noch verraten, wie viel Zeit du für ein Bild in der Regel brauchst?

Die erste Skizze kann ganz schnell gehen, aber auch eine ganze Weile dauern. Ein paar Stunden brauche ich, bis ich die Gegenstände für das Bild zusammengesucht habe. Einmal sortiert dauert das Shooting gar nicht mehr lang. Ich muss nur das Licht einstellen und ein paar widerspenstige Objekte zähmen. Dann muss ich die Bilder nur noch auf meinen Rechner ziehen und finalisieren, fertig!

Die Russin Dina Belenko (27) begann ihre Karriere als Redakteurin bei einem Verlag in ihrer Heimatstadt Chabarowsk, ehe sie sich ihrer wahren Passion, der Fotografie, widmete. Mittlerweile hat sich Belenko mit ihren verspielten Aufnahmen einen Namen gemacht und fotografiert neben eigenen Projekten auch für Werbekunden. Außerdem zählen Profiköche auf ihr Talent und lassen sich ganze Menüs von ihr aufnehmen. Belenko ist fotografische Autodidaktin. Ihr Wissen hat sich die junge Russin aus Büchern und Online-Tutorials angeeignet. Alle Informationen zu ihrer Arbeit finden sich auf: www.500px.com/arken und www.instagram.com/dinabelenko

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