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Was man beim Kameradiebstahl tun kann

Trotz aller Vorsicht kommt es leider immer wieder vor: Das Fotoequipment wird gestohlen. Selbst Profis sind nicht vor geschickten Dieben sicher, wie drei unglaubliche Geschichten zeigen. Einige Onlinedienste wollen den Langfingern nun das Leben schwerer machen und setzen auf taggen der Ausrüstung. Technikexperte Tobias Meyer hat sich für Sie schlaugemacht und sich drei verschiedene Anbieter genauer angeschaut.

Bei den Asienspielen 2014 in Südkorea fühlte sich der Fotograf einer Medienagentur sehr sicher am Beckenrand des Schwimmwettbewerbs, solche Bereiche sind in der Regel nur für wenige Berechtigte zugänglich. Dennoch war irgendwann einer seiner teuren Kamerabodys verschwunden. Die Überwachungskameras zeigten: Einer der Sportler selbst ließ sich hinreißen, der alte Spruch „Gelegenheit macht Diebe“ traf hier wohl voll zu. Der japanischer Schwimmer Naoya Tomita, im Jahr 2010 noch Champion über 200 Meter Brust, sah seinen Teamkameraden beim Wettkampf zu und steckte anschließend die Kamera in seine Tasche. Vorerst schmiss man ihn für 16 Monate aus dem Team und ließ ihn sein Flugticket zurück nach Japan aus der eigenen Tasche zahlen. Er gab die Tat zu, stritt sie später aber wieder ab, demnächst entscheidet ein Gericht.

Blitzschnelle Langfinger

Dass  man  die  neue  DSLR  während des Strandurlaubs nicht unter dem Badetuch vor Dieben verstecken kann, um dann seelenruhig schwimmen zu gehen, weiß heute jeder. Auch gilt es bei einigen Versicherungen schon als fahrlässig, wenn die Kamera über Nacht im Auto bleibt, zu groß sei die Gefahr des Diebstahls. Ebenso häufen sich in Fotoforen und Sozialen Netzwerken die Einträge  zu gestohlener Ausrüstung: In Wohnungen und Studios wird eingebrochen, geschickte Diebe greifen in die Kameratasche, noch während man das Auge am Sucher hat. Anfängerfehler könnte man jetzt sagen, passiert mir nicht, ich passe auf. Weit gefehlt, selbst Foto-Profis werden in vermeintlich sicherer Umgebung immer wieder um ihr Equipment erleichtert. Reisejournalist Jörg Pasemann passierte das in einer Situation, die wohl jeder als eine der sichersten überhaupt eingeschätzt hätte. Als er am Flughafen in Lissabon die Sicherheitskontrolle passieren will, muss er wie alle anderen auch seine Taschen leeren: Er legt Notebook, Kamera und Smartphone in eine der Kisten und  schickt sie durch den Scanner. An der Schleuse für ihn selbst staut es sich etwas, das Pärchen vor ihm hat Flüssigkeiten im Handgepäck. Hinter ihm drängelt schon ein Security-Mann. Als er schließlich durchgecheckt  auf der anderen Seite ankommt, fehlen in der schon wartenden Kiste die Kamera und das iPhone. Die Polizei sichtet sofort die Aufzeichnungen der Überwachungskameras. Die Frau, die hinter Pasemann  in der Schlange  stand, ist schnell gefunden, aber unschuldig. Die anderen können die Beamten nicht mehr finden, Pasemanns Kamera und das vom Dieb sofort ausgeschaltete  Smartphone  bleiben verschwunden.

Ausrüstung taggen

Einige Online-Dienstleister haben den Langfingern nun den Kampf angesagt. Mit geschickten Methoden versuchen sie zu helfen, noch bevor ein Diebstahl passiert – oder auch wenn es schon zu spät ist. Das Konzept von LensTag zum Beispiel ist simpel – und gratis. Es setzt nicht beim Dieb, sondern beim Hehler an, der die Ware so schwerer verkaufen können soll: Als ersten Schritt trägt man sein Equipment auf der Internetseite www.lenstag.com ein. Als Beweis, dass man wirklich dessen Eigentümer ist, muss ein Foto mit gut sichtbarer Seriennummer hochgeladen werden. Alternativ fotografiert man die Typenschilder seiner Ausrüstung  mit der kostenlosen LensTag-App (Android & iOS) ab.Ein Mitarbeiter verifiziert das Foto und bestätigt den User somit als Eigentümer. Tritt der Fall der Fälle ein, kann das gestohlene Teil sofort in der App oder auf der Homepage mit einem Klick als gestohlen gemeldet werden. LensTag erstellt dann automatisch eine kleine Homepage für jedes einzelne abhandengekommene Teil. Diese Seiten werden von Suchmaschinen sehr  schnell identifiziert (kein Wunder, LensTag wird immerhin  von  Google-Ingenieur Trevor Sehrer betrieben). Das Ziel: Potenzielle Käufer sollen künftig vor einem Gebrauchtkauf einfach kurz in irgendeiner Suchmaschine „Lenstag [Seriennummer]“ eingeben und bekommen bei Hehlerware sofort „Gestohlen“ als erstes Ergebnis angezeigt. Darüber hinaus hofft der Betreiber, dass LensTag künftig in Gebrauchtläden und Pfandleihen zum Standard-Prüfwerkzeug wird. So soll Kameradiebstahl mittelfristig unlukrativer werden, denn viel gestohlenes  Equipment  wird noch am selben Tag verkauft.

Diebe auf der photokina

LensTag wurde im Nachhinein auch Alexander Heinrichs von vielen Facebook-Fans empfohlen, er ist Profifotograf in Aschaffenburg. Auf der photokina 2014 war er auf dem Stand von Objektivhersteller Sigma für das Rahmenprogramm zuständig, zeigte in Live­Shooting­Shows, was mit den Linsen alles möglich ist. Während  des  für  Publikum geschlossenen Aufbautages brachte er sein Equipment in einen Raum auf den Messestand.   Der Veranstalter hatte ihm zugesichert, dass dort alles von einem Sicherheitsdienst bewacht werde. Dennoch fehlte kurze Zeit später Heinrichs eigene EOS 5D Mark III samt 24­70mm­Linse sowie einige nagelneue Objektive des Standbetreibers. Heinrichs hört nach dem Vorfall noch mehr solche Geschichten, in der Fotoszene wird vermutet, dass es sich in solchen Fällen häufig um professionelle  Diebe  handelt:  „Oft imitieren diese einfach  das Outfit der  Messebaufirmen und checken so unbehelligt die Lage“, sagt Heinrichs. Anschließend greift ein anderer zu. Heinrichs tat, was viele in so einer Situation heute machen: Er verbreitete den Vorfall samt Seriennummern der gestohlenen Komponenten im Netz – was aber keine Ergebnisse brachte. Das liegt häufig daran, dass Forenbeiträge und Facebook-Posts in den Suchmaschinen untergehen und diejenigen, die diese lesen, wohl sehr selten später irgendwo auch mit der gestohlenen Ware in Berührung kommen und diese dann identifizieren.

Alarm auf Facebook

Auch Stefan Kohler von „Kamerakind“ in Traunstein wurde um Equipment im Wert von 3.500 Euro erleichtert, auch er schlug sofort auf die digitalen Buschtrommeln – was bei ihm aber schlussendlich sogar kontraproduktiv  war.  Da das süddeutsche  Team ihr Geschäft samt Studio nur im Nebenerwerb betreibt, lagen Kamera und Linsen zwischen den Shootings schon mal einige Tage ungenutzt im Regal. Warum also nicht vermieten? „Das lief bis dahin auch ganz gut, wir hatten nie Probleme“, sagt Kohler. Dann fragte eine große Firma an, man würde sich gerne die Canon 5D Mk II samt EF 24-105-Linse und anderem Zubehör leihen. Einige Mails gingen hin und her, schließlich kam ein junger Mann vorbei. Neben den Formalitäten plauderte er mit Kohler über die bevorstehende Filmproduktion, bei der die Kamera  zum  Einsatz   kommen sollte. Eine Ausweiskopie hatte der Kunde dabei, Kohler verglich sie mit dem  Original  und  war  zufrieden. Kohler  sah sich anschließend aus Neugier die Homepage der Firma noch einmal an, wobei er feststellte, dass diese ihre Inhalte von einer anderen Seite bezog, die Webseite gab also nur vor, die große Firma zu sein. Kohler ging sofort zur Polizei, die verwies ihn jedoch auf den noch laufenden Mietvertrag, die Kamera könne ja noch zurückkommen. Dass auch Ausweis und Adresse gefälscht waren, stellte sich kurze Zeit später heraus. Kohler fand die Kamera noch am selben Tag in den Ebay-Kleinanzeigen, eindeutige Kratzer und ein absichtlich falsch montierter Kameragurt  machten das Identifizieren leicht. Jedoch auch jetzt konnte die Polizei nichts tun. Wenn Kohler es aber schaffen würde, dem Dieb eine Kaufabsicht vorzutäuschen und ihn mit der Kamera zu treffen, könnten die Polizei ab dort übernehmen. Da Kohlers Geschichte aber bereits 1200 Mal auf Facebook und Twitter verbreitet wurde, roch der Dieb wahrscheinlich den Braten. Er reagierte nicht auf seine Anfragen, trotz Fake-EMail und fremder Handynummer. Auch er sah sein Equipment nicht wieder. Kurz darauf erfuhr er von einem anderen Verleiher, dass dieser vom selben Übeltäter um vier Red Epic Videokameras erleichtert wurde, jede im Wert von mehreren 10.000 Euro. Der Täter wurde später sogar gefasst, hatte aber horrende Schulden, so dass er wohl bis an sein Lebensende keinen Schadensersatz wird leisten können.Seitdem holt Kohler von jedem Kunden eine Finanzauskunft ein: Das koste zwar ein paar Euro, sichere so aber gleichzeitig auch ab, dass es die  Person wirklich gibt. Eine Versicherung für ihr Kamerakind-Studio haben Kohler und seine Kollegen natürlich, ein Einbruch wäre für sie also nicht ganz so schlimm gewesen. Leider deckt diese den Betrug beim Verleih aber nicht ab. 

Equipment versichern

Auch für Hobbyfotografen ist eine solche Foto-Versicherung nicht teuer: Schon ab 89,25 Euro jährlich finden sich passende Pakete mit 75 Euro Selbstbehalt. Dabei bekommt man im Schadensfall von beispielsweise 500 Euro nur 425 Euro ausbezahlt. Soll die volle Summe ohne Selbstbehalt erstattet werden, wird die Police teurer. Auch die eventuell schon vorhandene Hausratversicherung deckt oft den Diebstahl sogar im Urlaubshotel mit ab, sie zahlt aber meist nur den aktuellen Wert zum Zeitpunkt des Diebstahls (Zeitwert), wogegen eine spezielle Fotoversicherung in der Regel den Neupreis erstattet. Kohler nutzt inzwischen den Online-Dienst  StolenCameraFinder, um weiter nach seiner Canon zu suchen: Dieser durchforstet das Web nach Fotos und checkt – falls noch vorhanden – deren Exif-Daten. In diesen ist die Seriennummer der Kamera hinterlegt. Findet er Bilder der gestohlenen Kamera, zeigt der Dienst an, wo im Web er diese entdeckt hat, etwa auf Flickr. Ab hier sollte dann die Polizei übernehmen, der Dienst StolenCameraFinder unterstützt die Ermittlungsbehörden ausdrücklich. Auf seinem Blog hat der Dienst bereits viele erfolgreiche Kamerarückgaben  dokumentiert. Auch LensTag bietet diese Funktion an: Wird eine registrierte Kamera als gestohlen markiert,  sucht auch dieser Dienst das Netz nach Fotos der  Kamera ab und schickt eine E-Mail, sobald der digitale Spürhund fündig wird. Überall funktioniert die Suche aber nicht: Da beispielsweise Facebook die Exif-Informationen von Fotos komplett entfernt, kann die Software dort auch nicht suchen.

Selber schützen

Den ultimativen Schutz vor Dieben gibt es leider nicht, wie unser großer Report zeigt. Die genannten Dienste können jedoch im besten Fall bei der Wiederbeschaffung oder der polizeilichen Ermittlung helfen. Weiterhin können spezielle Kameraversicherungen den finanziellen Verlust mindern. Unter dem Strich sollte man jedoch sein Equipment möglichst immer im Auge behalten, damit der Fall der Fälle erst gar nicht eintritt. Denn wie sich  in allen geschilderten Fällen zeigte: Gelegenheit macht Diebe. Lassen Sie es also am besten erst gar nicht so weit kommen. 

Weitere Informationen zu Versicherungen für Fotografen im Heft.