Die Makrofotografie ist technisch anspruchsvoll und meist nichts für Langschläfer. Makrofotos überzeugen in vielen Fällen allein durch das Motiv. Besonders bei Insekten, aber auch bei Blüten oder winzigen Gegenständen sorgt schon die starke Vergrößerung für einen Aha-Effekt. Wer hier technisch akkurat vorgeht, kann schon beeindruckende Fotos machen. Wie wichtig aber Kreativität und Gestaltungskraft für gute Makro-Aufnahmen sind, zeigen die Wettbewerbsbilder der DigitalPhoto-Leser.
Platz 01: Drohgebärde
IDEE: Die Drohgebärde dieser Blütenmantis (eine Gottesanbeterin) aus Afrika kann auch für größere Tiere eine sehr beeindruckende Geste sein.
GESTALTUNG: Überzeugend vor allem durch die Haltung des Tieres und die Lichtführung, die die Flügel von hinten zum Leuchten bringt.
TECHNIK: Das von der Fotografin gezüchtete Tier erwies sich als sehr reizbar und konnte leicht in die Drohgebärde gesetzt werden. Ein einzelner Systemblitz schräg links hinter dem Tier sorgt für das Aufleuchten der halbtransparenten Flügel.
Nikon D610 | Micro Nikkor 2,8/60mm | 1/200s | f/25 | ISO 200 (Bild: © Yvonne Späne)
Platz 02: Apollo ready for take off
IDEE: Ein Apollofalter schlägt seine Flügel im ersten sanften Morgenlicht weit auf.
GESTALTUNG: Tolle Übergänge zwischen den kontrastreichen Flügeln und dem soften Hintergrund arbeiten den Schmetterling perfekt als High-Key-Motiv heraus.
TECHNIK: Der Fotograf fand den schlafenden Falter vor Sonnenaufgang und befestigte die Kamera sowie den Ansitzhalm mit Stativen. Ein Lichtzelt softete das erste Sonnenlicht ab, das den Falter die Flügel ausbreiten und starten ließ.
Canon EOS 70D| Sigma 2,8/150mm Makro | 1/400s | f/4 | ISO 100 (Bild: © Peter Schwarz)
Platz 03: Letzte Rettung
IDEE: Drama im Gartenteich: Ein Marienkäfer greift verzweifelt nach dem letzten Strohhalm. Hier handelt es sich allerdings um Moossporen.
GESTALTUNG: Schöne, fast unwirklich wirkende Farbgebung. Tolle Platzierung der kleinen Insel in der Bildmitte und des verunglückten Marienkäfers im goldenen Schnitt.
TECHNIK: Eine Goldfolie im Hintergrund sorgt für das gelbe Licht. Die Kamera wurde ganz nah am Boden platziert, um die Spiegelung im glatten Teichwasser zu erzielen.
Canon EOS 550 D | Canon 2,8/100mm Makro | 1/250s | f/2,8 | ISO 400 (Bild: © Stephanie Olitzsch)
Platz 04: Linsen über Linsen
IDEE: Die Lichtbrechung der Wassertropfen vervielfacht die Schokolinsen – und das in verschieden Größen und Tiefeneffekt.
GESTALTUNG: Tolle Tiefenstaffelung durch Brechung mit verschiedenen Tropfengrößen.
TECHNIK: Die Schokolinsen wurden in eine einfache Küchenschale gefüllt. Ein darüber platzierte Plexiglasscheibe besprühte der Fotograf mit Wasser aus einer Sprühflasche, um Tropfen unterschiedlicher Größe zu erhalten. Die Beleuchtung erfolgte mit Tageslicht.
Canon EOS 600D | Sigma 2,8/105mm Makro | 1s | f/14 | ISO 400 (Bild: © Stephan Heinemann)
Platz 05: Ich kann fliegen
IDEE: Dickmaulrüssler, gefunden im eigenen Garten. Der unscheinbare Käfer (ca. 9 mm groß) wird hier vor Schwarz in Szene gesetzt.
GESTALTUNG: Als Low-Key-Motiv und vom Hintergrund freigestellt wird der kleine Käfer zum Star, der seine Flügel ausbreitet.
TECHNIK: Mit Makro-Ringblitz, geschlossener Blende und aus der freien Hand den auf einer Rosmarinstaude sitzenden Käfer fotografiert. Der Hintergrund wurde so komplett schwarz.
Sony Alpha 580 | Sigma 2,8/70mm Makro | 1/125s | f/16 | ISO 100 (Bild: © Eberhard Ehmke)
Platz 06: Scharfe Fliege
IDEE: Die in der Morgenstarre befindliche Fliege mit durchgängiger Schärfe in voller Detailfülle inklusive Tautropfen fotografiert.
GESTALTUNG: In passender Perspektive als Freisteller umgesetzt (das Grün im Hintergrund sind in Unschärfe aufgelöste Büsche).
TECHNIK: Mit fixiertem Ansitz und einer Kamera auf Stativ und Makroschlitten. Dieser wird von Aufnahme zu Aufnahme einen halben Millimeter weiter bewegt. Die Bilder wurden in Zerene Stacker zu dem Ergebnisbild mit durchgängiger Schärfe zusammengefügt.
Canon EOS 70D | Canon 2,8/100mm mit Vorsatzlinse | 1/15s | f/8 | ISO 200 (Bild: © Otto Schweikardt)
Platz 07: Schwertransport
IDEE: Eine Lehmwespe im Anflug auf ihre Brutröhre, beladen mit einer Larve.
GESTALTUNG: Perfekte Momentaufnahme – so können wir eine Wespe in der Regel mit dem bloßen Auge nicht sehen.
TECHNIK: Vom Fotografen angefertigtes Insektenhaus. Die Kamera wird vorfokussiert und mit Fernauslöser betätigt. Mit Systemblitz und einem aufgebauten, hellen Hintergrund, damit sich die Tiere abzeichnen.
Canon EOS 7D | Sigma EF 3,5/180mm Makro | 1/250s | f/22 | ISO 200 (Bild: © Hans-Jörg Hellwig)
Platz 08: Prachtlibelle im Tau
IDEE: Für die Nachtruhe setzen sich die Prachtlibellen oft auf lange Grashalme – die sich dann aufgrund des Gewichts (vor allem des Taus) am Morgen zur Seite neigen. Bis in die Waagerechte.
GESTALTUNG: Überzeugt vor allem durch die Körperhaltung des Tieres und die Seitenansicht.
TECHNIK: Frühmorgens mit dem ersten Licht der Sonne im Rücken. Der goldene Hintergrund ent-
steht durch gelbfarbene Büsche, die sich in der extremen Unschärfe zu einer Fläche auflösen.
Canon EOS 5D mark iii | Canon EF 2,8/100mm Makro | 1/200s | f/11 | ISO 1000 (Bild: © Thomas Lauterbach)
Platz 09: Blütenzauber
IDEE: Mit einfachen Mitteln wird die Zimmerpflanze Calla (Zantedeschia) als geheimnisvoll leuchtende Blüte in Szene gesetzt.
GESTALTUNG: Die Helligkeit steigt vom Zentrum nach außen hin an und lässt die Pflanze scheinbar von innen heraus strahlen. Da ist die Wahl des dunklen Hintergrunds perfekt.
TECHNIK: Mit Sonnenlicht am Fenster beleuchtet und schwarzer Pappe teils abgeschattet. Eine kleine LED-Leuchte beleuchtet die Härchen auf dem Stempel der Blüte.
Canon EOS 1000D | Canon EF-S 3,5-5,6/18-55mm | 2s | f/18 | ISO 400 (Bild: © Monika Bönisch)
Platz 10: Ready for take off
IDEE: Der Marienkäfer breitet in der Sekunde vor dem Start seine Flügel aus.
GESTALTUNG: Durch die Freistellung und die Ausleuchtung fast wie eine Studioaufnahme wirkend. Der Ausschnitt ist gut, einzig das Grün der Pflanze könnte stören. Tolles Licht!
TECHNIK: Der Fotograf sah den Käfer den Stengel hochklettern. Wer die Tiere kennt, weiß, dass sie fast immer oben starten. Er wartete bis zum perfekten Augenblick und machte im Serienbildmodus mehrere Fotos. Kein Blitz-, sondern lediglich Tageslicht.
Canon EOS 50D | EF 2,8/100mm Makro | 1/1600s | f/5,6 | ISO 400 (Bild: © Wilhelm Hillen)
Aber wie zum Beispiel unsere Plätze 6, 8 und 10 zeigen, gehört bei Naturaufnahmen noch etwas mehr dazu: Man muss die Insekten kennen, ihre Ruhestätten oder aber die Besonderheiten ihres Verhaltens, um sie auch im passenden Moment und mit der richtigen Beleuchtung ablichten zu können. Und wie Platz 1 und 6 beweisen: Der kreative Umgang mit der Kameratechnik (hier der Blitztechnik) ist ebenso wichtig wie die Perfektion. Denn erst das gut gesetzte Blitzlicht sorgt hier für den Erfolg der Fotos. Ebenso kreativ waren die anderen Fotografen: Bei den Plätzen 3 und 9 zauberten die Fotografinnen geschickt mehr Licht in die Bilder, der Einsender von Platz 4 tüftelte an einem Tiefeneffekt, und bei Platz 2 sorgte der Fotograf mit extrem unscharfem Vorder- und Hintergrund für ein extrem weich wirkendes Umfeld für seinen roten Apollo.Die größte Ruhe, aber auch die meiste Arbeit haben die Fotografen von Platz 1 und Platz 7: Beide züchten die Insekten und können sie mit viel Muße (und großem technischen Aufwand) in Szene setzen.