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Der Mensch als Motiv: So gelingen meisterhafte Porträts

Die Porträtfotografie gehört zu den beliebtesten und zugleich anspruchsvollsten Fotogenres. Denn ein gutes Porträt ist nicht bloß ein Schnappschuss eines Gesichts. In unserem Spezial verraten wir Ihnen, was Sie alles für Ihr erstes Shooting brauchen, wie Sie Ihre Bilder komponieren und mit natürlichem Licht und künstlichem Licht fotografieren, um beeindruckende Porträts zu meistern.

Erinnerungen sind Gold wert. Genau aus diesem Grund kaufen sich viele Menschen eine Digitalkamera, um einmalige Momente, Gefühle und Stimmungen, die sie mit der Familie oder mit Freunden verbracht haben, im Bild festzuhalten. Diese Fotos begleiten einen oft ein Leben lang, doch damit Ihnen auch wirklich gute Bilder gelingen, die sich sogar für Ihre Porträtsammlung im Wohnzimmer eignen, sollten Sie sich mit ein paar fotografischen Techniken vertraut machen. Die richtige Handhabung Ihrer Kamera ist dabei essenziell. Wir haben wichtige Tipps für Sie zusammengestellt, mit denen Sie Ihre fotografischen Fähigkeiten weiter ausbauen können. Dabei erklären wir Ihnen alles, was für gelungene Porträtaufnahmen wichtig ist: von der richtigen Belichtung über Fokussierung und Schärfentiefe bis hin zum Einsatz von Blitzlicht oder natürlicher Beleuchtung. Nicht zu vernachlässigen ist aber natürlich auch die erste Vorbereitung für das Shooting – auch hierfür haben wir zahlreiche Tipps für die nötige Ausrüstung, den passenden Bildausschnitt oder natürlich für den Umgang mit Ihrem Model.

Die Hauptkriterien für ein gutes Porträt

Die Augen der porträtierten Person sind der wichtigste Bezugspunkt für den Betrachter. Daher sollte die Schärfe im Bild exakt darauf liegen. Wenn das Gesicht nicht frontal fotografiert wird, sollte zumindest das Auge, das näher zum Betrachter ist, scharf sein. Öffnen Sie dabei die Blende (hier: f/2). Die geringe Schärfentiefe hilft dabei, die Aufmerksamkeit voll auf Ihr Model zu ziehen. Damit der Hintergrund nicht ablenkt, sollte er möglichst ruhig und gleichmäßig sein. Obwohl in Unschärfe verschwommen, sollten seine Details mit dem/der Fotografierten farblich harmonieren.

So geht's: Fotoshooting vorbereiten!

Professionell wirkende Porträts können auch ohne teures Studio, große Blitzanlagen und enorme Objektiv-Auswahl gelingen. Wir verraten Ihnen, worauf Sie bei der Vorbereitung für das erste Porträtshooting achten sollten.

Wenn Sie ein Neuling in der Welt der Porträtfotografie sind, bitten Sie zunächst Ihre Freunde und Familienmitglieder als Model vor die Kamera. Das ist eine gute Übung sowohl für Ihr fotografisches Auge als auch für Ihr Gefühl für Technik und Lichtauswirkung. Bevor Sie sich aber zum verabredeten Fototreffen stürzen, nehmen Sie sich auch etwas Zeit für die Auswahl Ihrer Ausrüstung. Benutzen Sie am besten eine Festbrennweite an Ihrer DSLR- oder CSC-Kamera. Diese Optik ist sehr lichtstark, so dass Sie eine große Blendenöffnung für eine geringe Schärfentiefe wählen und so Ihr Motiv vom Hintergrund abheben können. Tele- und Makroobjektive sind ebenfalls eine gute Wahl, sie sind aber in der Regel etwas teurer. Eine einfache Festbrennweite wie z. B. das Nikon AF-S Nikkor 50 mm 1:1,8G (75mm bezogen auf Vollformat) für ca. 200 Euro ist eine gute – und preiswerte – Basis. Damit Sie beim Shooting sicher agieren und nicht ständig nach den passenden Einstellungen suchen, sollten Sie sich mit den Funktionen Ihrer Kamera vertraut machen. Probieren Sie, wie Ihre Kamera-Objektiv-Kombination funktioniert. Testen Sie die verschiedenen Belichtungseinstellungen. Der Blendenpriorität-Modus (A/Av) mit einer großen Blende (z.B. f/2) eignet sich perfekt für Porträtfotos. Wenn die Lichtverhältnisse vor Ort schwierig sind, erhöhen Sie leicht den ISO-Wert, um die Verschlusszeit kurz genug für scharfe Bilder aus der Hand (mind. 1/60 Sek.) zu halten. Üben Sie auch, wie Sie den Autofokus-Punkt im Einzelfeld-Modus (AF-S) schnell bewegen können, so dass er auf dem Auge der porträtierten Person liegt.

Beste Brennweite: 85mm

Der beste Abstand für ein Kopf-Schulter-Porträt liegt bei etwa 1,5 bis 3,5 Meter Distanz zwischen Fotograf und Model. Mit einer 85mm-Optik landen Sie etwa in diesem Bereich. Allerdings ist dies auf eine Vollformat-Kamera bezogen. Bei einer Kamera mit einem APS-C-Sensor entspricht es einem Objektiv mit 50mm-Brennweite.

Location auswählen

Damit ein Fototermin angenehm und stressfrei für alle Beteiligten verläuft, sollten Sie sich als Fotograf und leitende Person am Set entsprechend vorbereiten. Dazu gehört aber nicht nur die Vorbereitung Ihrer Kameraausrüstung. Überlegen Sie zuerst, wo Sie Ihre Aufnahmen schießen möchten. Wenn Sie ein Shooting im Freien planen, besuchen Sie den Ort bereits einige Tage vor dem eigentlichen Termin. Am besten auch zur gleichen Uhrzeit wie am vereinbarten Tag, damit Sie sich die Lichtrichtung anschauen können. Denken Sie bei der Ortsauswahl auch an Ihr Model: Passt die Location zum Menschen, den Sie porträtieren möchten? Welche Aussage liefert die Kombination Mensch-Ort in Ihrem Bild? Besprechen Sie mit Ihrem Model im Voraus, wo und wie Sie das Shooting durchführen möchten. So kann sich auch die Person dafür vorbereiten und z. B. die passende Kleidung und Accessoires mitbringen, um diese als spannende und aufregende Gestaltungselemente in Ihre Porträtaufnahmen zu nutzen.

Auf Details konzentrieren

Entscheidend für die Wirkung eines Porträts ist vor allem der Bildausschnitt bzw. die Größe des gewählten Ausschnitts. Je nachdem verändern sich für den Betrachter auch die Sichtweise auf das Motiv und somit auch der Informationsgehalt und Interpretationsraum der Aufnahme. Kurz gesagt bestimmt der Bildausschnitt über Distanz und Nähe zum Motiv. Je größer der Bildausschnitt gefasst wird, desto mehr wird dem Betrachter ein Überblick der Situation vermittelt und er beginnt, Verbindungen zwischen der porträtierten Person und den anderen Elementen im Bild herzustellen beziehungsweise die Person in den Kontext mit der gezeigten Umgebung zu setzen. Wählen Sie als Fotograf wiederum einen engeren Ausschnitt, entstehen Nähe und Intimität zwischen Motiv und Betrachter.

Maximale Blendenöffnung

Die einfache Konstruktion von Festbrennweiten erlaubt eine sehr hohe Lichtstärke. Dank ihrer Anfangsblende zwischen f/1,4 und f/2,8 können sie bei wenig Licht eingesetzt werden und sorgen für eine geringe Schärfentiefe – perfekt für natürliche Porträts!

So nutzen Sie das natürliche Licht richtig

Bei der Ausleuchtung von Motiven wird grundsätzlich zwischen hartem und weichem Licht unterschieden. Während weiches Licht eher sanfte Schatten mit diffusen Kanten wirft, entstehen beim Arbeiten mit hartem Licht deutlichere Schatten mit klaren und scharfen Begrenzungen. Möchte man also eine Person porträtieren, bedeutet dies, dass die Wahl der Lichtart einen starken Einfluss auf die Wirkung des Porträts beim Betrachter hat. Allgemein lässt sich sagen, dass ein Foto einer Person, die bei weichem und gleichmäßigem Licht abgelichtet wird – wie an einem leicht bewölkten Frühlingstag (Wolken dienen quasi als Softbox) oder bei indirekter Beleuchtung wie z. B. durch das Fensterlicht in der Küche –, „schmeichelhafter“ als bei hartem Licht wirkt: Kleine Makel, wie Unebenheiten oder Falten, werden durch den geringen Schattenwurf gemindert. Fotografieren Sie zunächst mit natürlichem Licht (in der Fotografenwelt auch als Available Light bekannt). Dabei dient Ihnen die Sonne als Hauptlichtquelle, die Sie sowohl für natürlich wirkende, schön ausgeleuchtete Porträts als auch für verschiedene Bildeffekte einsetzen können. Bewegen Sie sich um Ihr Model herum und schauen Sie durch den Sucher, um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie sich der Lichteinfall auf die Person auswirkt.

Das Tageslicht am Fenster

Ganz natürlich wirkende Porträts erzielen Sie mit natürlichem Tageslicht. Es ist eine lehrreiche Übung, wenn Sie zunächst mit dem vorhandenen Licht arbeiten. So entwickeln Sie auch in der Praxis ein Gefühl dafür, wie sich das Licht während des Shootings verändert und wie es sich auf die porträtierte Person auswirkt. Beginnen Sie daher mit dem simpelsten Licht-Set-up in der Porträtfotografie – Sie, Ihr Model, Ihre Kamera und ein Fenster mit Tageslicht. Ob in der Küche oder im Wohnzimmer ist egal, wichtig dabei ist, dass das eindringende Sonnenlicht nicht all zu stark ist. An einem leicht bewölkten Tag erzielen Sie beste Ergebnisse. Positionieren Sie die Person seitlich zum Licht, so dass sie davon weich angestrahlt wird.

Bei grellem Sonnenschein

Die Regel besagt: In der prallen Mittagssonne soll man keine Fotos im Freien machen. Denn die hoch am Firmament stehende Sonne verursacht starke, unschöne Schatten im Gesicht und am hals Ihres Models. Lieber geht man zu einem schattigen Platz oder wartet auf das weichere Licht der untergehenden Sonne. Wenn Sie den Moment doch nicht verpassen möchten, haben wir hier die passende Zubehörlösung für Sie: Mit einem Diffusor können Sie problemlos das Gesicht der porträtierten Person abschatten. Seine weiße, leicht durchsichtige Stofffläche unterbricht den grellen Sonnenschein, lässt aber trotzdem genug Licht durch, so dass die Haut weich und gleichmäßig ausgeleuchtet wird.

Im Gegenlicht

Gegenlichtaufnahmen besitzen eine ganz besondere Atmosphäre und verleihen Porträts einen romantischen und verspielten Charakter. Ihre Sprache ist geprägt durch natürliche Farben, weiche Kanten, einen hohen Kontrastumfang sowie stimmungsschaffende Lichteinbrüche. Besonders schöne Effekte liefert eine eher tief stehende und nicht allzu starke Sonne, die mit ihren ersten oder letzten Sonnenstrahlen gerade über die horizontlinie blinzelt. Positionieren Sie dabei Ihr Model so, dass er bzw. sie die Sonne leicht verdeckt und somit leuchtende Lichtstrahlen entstehen.

Mit Kunstlicht Akzente setzen

Wenn Sie einen Schritt weitergehen und die komplette Lichtsteuerung übernehmen möchten, arbeiten Sie mit Kunstlicht. Hier können Sie verschiedene Lichtquellen und Techniken einsetzen, um die Bildstimmung gezielt zu beeinflussen.

Für viele mag dies zunächst abscheckend klingen – Blitzen, Kunstlicht, mehrere Lichtquellen… Das muss aber nicht sein. Wie alle anderen Fototechniken kann auch die künstliche Ausleuchtung geübt und schnell gelernt werden. Üben Sie bei Ihren Porträts zunächst mit Dauerlicht – benutzen Sie z. B. eine Schreibtischlampe und bewegen diese um die porträtierte Person. So sehen Sie, wie sich die Schatten verteilen und wie sich dabei die Wirkung des Modelgesichts verändert – seitliche Beleuchtung wirkt z. B. geheimnisvoll, von unten angestrahlt erscheint die Person dagegen gruselig usw. Als Nächstes greifen Sie zu einem externen Blitzgerät (auch System- oder Aufsteckblitz genannt). Mit diesem können Sie nicht nur die Blitzleistung oder -richtung (dank schwenkbaren Blitzkopf) präzise steuern, sondern auch „entfesselt“ aus verschiedenen Ecken blitzen. Damit Sie auch die Kontrolle über die Qualität des Blitzlichts haben, gibt es verschiedene Blitzaufsätze. Mit einer Softbox oder einem Beauty-Dish z. B. machen Sie das harte Licht weich und gleichmäßig. Für unser Bild unten wurde nur ein Blitz mit einem Beauty-Dish-Aufsatz von rechts verwendet. Diese minimalistische Ausleuchtung betont die feinen Hautstrukturen und die Formen des Gesichts, so dass dadurch ein Porträt mit „Charakter“ entsteht. Durch die dunklen Stellen wirkt es mysteriös, nachdenklich, aber auch sehr männlich.

Lichtreflexe in den Augen

Lichtreflexe im Auge werden von der verwendeten Lichtquelle verursacht und verleihen Porträts mehr Glanz. Sie können auch bei Available Light entstehen, mit Kunstlichtquellen aber können Sie ihre Auswirkung, Größe und Form besser steuern.

Den gesamten Artikel finden Sie in der FotoEASY 2/2017

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