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Leserinterview: 10 Fragen an Ernst Christen

In jeder Ausgabe des DigitalPHOTO-Magazins stellen wir einem Leser zehn Fragen zu einem ihrer Fotos. Diesmal steht haben wir uns mit dem Schweizer Ernst Christen unterhalten. Seine Kirchenfotos entstehen aus ungewöhnlicher Perspektive. So, wie Ernst Christen Kirchen fotografiert, hat man die Bauwerke selten gesehen. Er braucht dafür eine spezielle Technik, innere Ruhe und ein offenes Ohr für redselige Kirchendiener.

10 Fragen an Ernst Christen

Wo haben Sie dieses Motiv gefunden?

Auf einer Bummelfahrt durch den Schweizer Jura in der Ortschaft Tramelan. Die Kirche wirkt eher unscheinbar. Erst durch die stereografische Projektion entsteht dieser besondere Effekt.

Können Sie den Effekt näher erläutern?

Ich fotografiere die gesamte Kirche als Kugelpanorama und verrechne die Einzelbilder am Rechner zu einem Gesamtpanorama. Dieses wird per Software stereografisch projiziert, wodurch dieser hypnotische Effekt entsteht. Bei einer stereografischen Projektion wird die Kugeloberfläche auf eine Ebene projiziert.

Wie viele Bilder haben Sie verarbeitet?

Insgesamt braucht es dazu 26 Einzelbilder: drei Reihen à acht Bilder plus je einem Bild nach unten und oben.

Welche Software verwenden Sie?

Die Einzelbilder werden mit „PTGui“ zusammengerechnet und projiziert. Der Rest ist ein handelsüblicher RAW-Entwickler mit Lightroom. 

Braucht man eine spezielle Kamera-Technik?

Man braucht einen Nodalpunktadapter. Ohne diesen ist es nicht möglich, das Panorama fehlerfrei zusammenzurechnen, da ohne Nodalpunktadapter unschöne Parallaxenfehler entstehen, die nicht zu korrigieren sind.

Wie verhält es sich mit der Blende oder der Belichtungszeit?

Meist fotografiere ich mit Blende f/5,6. Herausfordernd ist der Lichtwert-Unterschied zwischen Innen- und Außenlicht. Ideal ist die Blaue Stunde oder trübes Wetter. Ansonsten müssen die Fenster extra fotografiert und später maskiert werden. Sehr wichtig ist auch, dass man das Stativ in der Mitte des Kirchenraums aufstellt.

Haben Sie auf diese Weise schon viele Kirchen fotografiert?

Unzählige! Und dennoch habe ich das Gefühl, dass ich erst am Anfang dieses Projekts stehe. Da gibt es noch so viele Kirchen, Moscheen, Synagogen und Tempel, die ich fotografieren möchte!

Warum Kirchen?

Ich war eine längere Zeit Buddhistischer Waldmönch in Thailand. In Kirchen fühle ich mich sehr wohl. Es sind Orte natürlicher Kontemplation. Leider gibt es in unserer hektischen Welt zu wenig solcher Orte, wo der Mensch noch zur Ruhe kommen kann. Und da ich sowieso fast jede Kirche besuche, an der ich vorbeikomme, habe ich angefangen, sie zu fotografieren.

Müssen Sie um Erlaubnis fragen?

Da ich die Bilder publiziere, frage ich mindestens mündlich nach. Das kann allerdings dazu führen, dass der Sakristan überschwänglich über die Kirche erzählt und mir die Zeit davonläuft.

Eignen sich noch weitere Motive?

Sicher! Bibliotheken, Schlösser und Burgen oder auch Industriehallen. Vorerst bleibe ich aber bei Kirchen.

Ernst Christen (52) lebt in der Nähe von Solothurn in der Schweiz. Dort arbeitet er als freischaffender Fotograf und Autor, Altenbetreuer und Meditations-Therapeut in einer psychiatrischen Klinik.

www.ernst-christen.com

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